Die Presse

Guardiolas spanische Misere

Champions League. Bayern München verlor bei Atl´etico Madrid 0:1 und droht zum dritten Mal in Folge im Halbfinale zu scheitern. Pep Guardiola erntet Kritik, Torschütze Saul´ N˜´ıguez wird gefeiert.

- VON SENTA WINTNER

Madrid/München. Besuche in der Heimat genießt Pep Guardiola seit seinem Amtsantrit­t bei Bayern München wohl nur noch in der Freizeit. Sportlich gibt es für den Trainer mit dem deutschen Rekordmeis­ter in Spanien nur wenig zu holen, die 0:1-Niederlage bei Atletico´ Madrid war bereits die dritte in einem Halbfinalh­inspiel der Champions League in Folge. Nach Real Madrid (2014) und FC Barcelona (2015) drohen heuer die Colchonero­s Guardiolas dritten – und durch den bereits feststehen­den Abgang zu Manchester City auch letzten – Anlauf zum Triple platzen zu lassen.

„Das ist kein tolles Ergebnis für uns. Es ist immer unangenehm, auswärts kein Tor zu schießen. Aber wir haben sehr gut gespielt und hatten genug Chancen“, resümierte Guardiola. Während sein Gegenüber Diego Simeone auf Überraschu­ngen verzichtet­e und Atletico´ mit dem gewohnt intensiven wie kompromiss­losen Defensivko­nzept auf den Rasen schickte, musste sich der Bayern-Trainer für seinen taktischen Schachzug rechtferti­gen: 70 Minuten ließ er Thomas Müller auf der Bank schmoren, mit acht Toren und drei Assists immerhin Topscorer der Münchner in der Königsklas­se.

„Ich war nicht eingeweiht und versuche, profession­ell damit umzugehen“, sagte Müller, der der defensiver­en Mittelfeld­ausrichtun­g mit Vidal, Thiago und Alonso zum Opfer gefallen war. Das geplante Offensivsp­iel über die Flügel Coman und Costa kam jedoch erst in der zweiten Hälfte in Schwung, als Atletico´ bereits mit Biegen und Brechen die Führung verteidigt­e.

Keine Jubiläumsf­eier für Alaba

Bereits in der elften Minute hatte Sau´l N˜´ıguez ein Solo über den halben Platz mit einem schönen Schlenzer ins lange Eck abgeschlos­sen. „Du brauchst 90 gute Minuten, nicht 75. Diese Aktion war die Konsequenz für unsere ersten 15 Minuten“, haderte Guardiola mit dem Gegentreff­er. Gleich vier Bayern-Akteure ließen den spanischen U21-Teamspiele­r auf dem Weg zum Tor gewähren, auch David Alaba agierte als Letzter zu unentschlo­ssen. „Wir wissen, dass das in so einem Spiel nicht sein darf. Ich hätte es sicher besser machen können“, sagte der 23-Jährige, der als jüngster Bayern-Profi die Marke von 50 CL-Partien erreichte.

Beinahe hätte der erneut als Innenverte­idiger aufgeboten­e Alaba den Ausgleich erzielt, sein Schuss aus 30 Metern ging jedoch an die Latte. „Ich frage mich auch, warum der nicht reingegang­en ist.“Bayern kam mit deutlich mehr Entschloss­enheit und Mut aus der Kabine und dem 1:1 nahe, doch auch Martinez und Vidal vergaben eine bessere Ausgangspo­sition. Die Zuversicht für das Rückspiel am kom- menden Dienstag ist dennoch groß, wurden doch die jüngsten elf Heimspiele allesamt gewonnen. „Mit unseren Fans im Rücken kann in München alles passieren. Wir werden alles in die Waagschale werfen“, meinte Alaba, und Guardiola pflichtete bei: „Wir haben noch 90 Minuten.“

Atletico´ genügten unterdesse­n 253 Pässe (Bayern 707) und 31 Prozent Ballbesitz, um dem zweiten Finaleinzu­g nach 2014 einen weiteren Schritt näher zu kommen. „Wir haben vielleicht unsere beste Leistung gezeigt, so wie wir es in der letzten Runde gegen Barcelona gemacht haben“, meinte Simeone. Die spanische Presse feierte Torschütze­n N˜´ıguez, der vom „wichtigste­n und schönsten“Treffer seiner Karriere sprach. „Sau´l und ein Tor für die Geschichte“, schrieb „As“und „Marca“ist sich sicher: „So entsteht eine Legende“.

Lob gab es auch von Teamkolleg­en Fernando Torres. „Das Tor war großartig und hat uns geholfen, von Anfang an das Spiel zu machen. Gegen so starke Mannschaft­en ist es immer ein Kampf“, sagte der 32-Jährige, der die große Chance auf das 2:0 ausließ, als sein Außenrists­chlenzer nur an die Stange ging. Das Finale am 28. Mai in Mailand sieht er in Reichweite. „Wir sind stolz und haben große Lust, weiter über uns hinauszuwa­chsen.“

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[ Reuters ] Neuer und Bayern hatten das Nachsehen, Atle´tico und Griezmann jubelten.

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