Die Presse

Woher kommt es, dass manche Menschen älter aussehen?

Medizin. Die Variante eines Gens, das für rote Haare und blasse Haut sorgt, könnte auch Gesichter vorzeitig altern lassen.

- VON JÜRGEN LANGENBACH

Viele Menschen wollen jünger aussehen, als sie sind. Verdichtet hat das Oscar Wilde in Dorian Gray, aber der ist kein Einzelfall: Ganze Industrien leben davon, optische Jugend zu zaubern. Die Kundschaft fürchtet, dass ein zu alt aussehende­s Gesicht nicht nur die Attraktion senkt, sondern auch auf einen zu frühen Tod deutet. Tut es das? Jeder von uns hat zwei Alter, das chronologi­sche und das biologisch­e. Letzteres ist allerdings so einfach nicht zu bestimmen: Man versucht es mit verschiede­nen Markern, der Knochendic­hte etwa oder der Konzentrat­ion von Wachstumsh­ormonen, durchgehen­d bewährt hat sich keiner.

Deshalb setzen viele auf das Einfachste, den Blick in das Gesicht: „Wir glauben, dass die Wahrnehmun­g eine der besten Methoden ist abzuschätz­en, wie ,gut‘ Menschen altern“, erklärt etwa David Dunn, er forscht für eine der interessie­rten Firmen – Unilever –, und er kennt sich aus: Er war in einer Gruppe, die 2001 Fotos von 171 dänischen Zwillingen im Alter von 70 plus gemacht und dann Krankensch­western gebeten hat, das Alter einzuschät­zen. 2013 schauten die Forscher wieder nach: Die Zwillinge, die als älter eingeschät­zt worden waren als ihre Geschwiste­r, waren als Erste gestorben: „Mortality is Written on the Face“, hieß die Publikatio­n.

Und was lässt Gesichter älter aussehen? Auch darüber herrscht keine Einigkeit, Gesichter ändern sich physiologi­sch mit dem Altern – die Augen etwa rücken näher zusammen –, vor allem aber ändert sich die Haut, sie wird runzlig und fleckig. Ob das mit Genen zu tun hat, hat nun eine Gruppe erkundet, bei der Dunn wieder mit dabei war, als Erstautor: Fündig wurde man bei MC1R, von diesem Gen weiß man schon, dass es für rote Haare sorgt und für eine blasse Haut. Und eine Variante dieses Gens ist damit verbunden, dass Menschen zwei Jahre älter aussehen, als sie sind (Current Biology 28. 4.).

Ob das nur eine Korrelatio­n ist oder ob ein ursächlich­er Zusammenha­ng besteht, ist noch nicht geklärt. Hinsichtli­ch möglicher Mechanisme­n weist Dunn darauf hin, dass MC1R auch mit Entzündung­en und dem Heilen von Wunden zu tun hat.

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