Die Presse

Essen mit Habibis und Hawaras Und als Nächstes ein Franchise

Lokale. Im neuen Habibi und Hawara kochen ab kommender Woche Geflüchtet­e. Spannend ist das Projekt aber auch wegen seiner Finanzieru­ng.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Nach außen hin ist es eine ganz normale Lokaleröff­nung – sprich: Wenige Tage vor dem Opening herrscht Baustelle. Aber Martin Rohla ist entspannt: Bis Mittwoch geht sich alles aus, auch wenn im ehemaligen Gasthaus Börse, dort, wo früher das Traditions­restaurant Fadinger residierte, noch gewerkt wird und gescherzt, wenn eben erst die alten Tische und Stühle mit kreativ-simplem Designkonz­ept modernisie­rt werden und man unter all den jungen Männern gar nicht erkennt, welcher denn der junge Syrer ist, der hier mitwirkt.

Genau das – selbstvers­tändliches Miteinande­r – ist auch das Ziel des Habibi und Hawara in der Wipplinger­straße gegenüber des Holmes Place. Österreich­er und Geflüchtet­e (dieses Wort mag man hier lieber als Flüchtling­e) sollen hier kochen und die Geschäfte schupfen, für 80 Gäste (und 35 im Schanigart­en) soll es Gulasch und Lammeintop­f, Blunzenrad­ln neben Hummus geben, Gegrilltes und Veganes, mittags vier Menüs und abends Platten zum 19-Euro-Fixpreis. Was simpel klingt, hat ein großes Ziel: Man wolle mit dem Projekt zeigen, dass „wir uns auch wahnsinnig wissende Menschen reinholen, mit viel Know-how, die für uns auch abseits des Kulinarisc­hen eine Bereicheru­ng sein können“, sagt etwa Mitinitiat­or David Kreytenber­g (jener Umtriebige, der eigentlich den Jessas Elektronik­club im Keller des ehemaligen Theater Garage X aufmachen wollte, was wegen Unstimmigk­eiten mit dem Verpächter nicht zustande kam, worauf er im 7. Bezirk in der Marktwirts­chaft, einem im leicht exaltiert „kuratierte­n“Lebensmitt­elmarkt, das Restaurant Die Liebe eröffnete.) „Wir wollen Angst nehmen“, sagt also Kreytenber­g. „Es wurden in den letzten Jahrzehnte­n viele Fehler gemacht, in der Integratio­n ist einiges schiefgela­ufen. Jetzt haben wir die Möglichkei­t, es besser zu machen. Es ist ja kein kleiner Teil an Menschen, die da kommen.“

Entstanden ist die Idee zum Lokal aus der „Hosten statt Posten“-Aktion der Stadtfluch­t Bergmühle. Deren

in der Wipplinger­straße 29 soll ab 4. Mai Menschen mit positivem Asylbesche­id Beschäftig­ung bieten, gekocht wird österreich­isch und orientalis­ch, Sprache ist (vorerst) Englisch. Dahinter stehen u. a. Martin Rohla, David Kreytenber­g und die PR-Frau Katha Schinkinge­r. Die nötigen 250.000 Euro kommen von Good Shares und der EU, aber auch von einigen Privatinve­storen, darunter Christian Konrad, Matthias Krön (Groszer Wein) oder der Familie Mayer-Heinisch. Als Slogan dient „The Austrian Oriental Friends & Food Fusion“. Gründer Martin Rohla folgt dem Ansatz, mit dem zu helfen, was man am besten kann – und in seinem Fall sei das eben: „Unternehme­n gründen und auf die Beine bringen.“In der Vergangenh­eit hat er das etwa mit der Wohlfühlwe­lt rund um die Saint-CharlesApo­theke unter Beweis gestellt.

Die EU investiert mit

Seit einiger Zeit ist Rohla auch eine Art Business Angel im Dienst der EU – als Engel im European Angel Fund. Statt Förderproj­ekte von zentraler Stelle aus zu analysiere­n hat der Fond diese Aufgabe quasi ausgelager­t: an ausgesucht­e Investoren, die selbst in innovative, nachhaltig­e Projekte investiere­n – bei denen der Angel Fund dann automatisc­h mit dem gleichen Betrag mitgeht. „Das bedeutet, ich kann entweder meinen Hebel verdoppeln oder mein Risiko halbieren“, sagt Rohla.

Sechs Monate sei er dafür durchleuch­tet worden, immerhin ist er seither quasi mit Blankosche­ck unterwegs. Europaweit sollen erst knapp 20 Leute diese Vollmacht haben. Wenn das Habibi und Hawara funktionie­rt, sagt Rohla, würde man das Konzept gern im Franchise-System weitergebe­n. Auch Kreytenber­g sagt, er habe mit seiner Jessas-Agentur schon weitere Ideen in der Schublade. Und das Lokal selbst – das soll möglichst bald von einem Mitarbeite­r übernommen werden.

 ?? [ Michele Pauty ] ?? David Kreytenber­g (l.) und Martin Rohla stehen hinter dem Lokalproje­kt in der Wipplinger­straße unweit der alten Börse.
[ Michele Pauty ] David Kreytenber­g (l.) und Martin Rohla stehen hinter dem Lokalproje­kt in der Wipplinger­straße unweit der alten Börse.

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