Die Presse

Hört die Signale (der FPÖ)

Wirtschaft­spolitik. Die FPÖ ist gerade dabei, wirtschaft­spolitisch aufzurüste­n. Ihre Signale an die Wirtschaft werden von Industriel­lenvereini­gung und Wirtschaft­sbund wohlwollen­d vernommen.

- SAMSTAG, 30. APRIL 2016

Aus der Geschichte hat Manfred Haimbuchne­r zweifellos gelernt. Aus der jüngeren jedenfalls. Das Jahr 2000 ist demnach so etwas wie ein politische­r Wegweiser: Damals kam bekanntlic­h die schwarz-blaue Wenderegie­rung unter Kanzler Wolfgang Schüssel zustande. Die notwendige Unterstütz­ung dafür hatte der ÖVP-Chef von der Wirtschaft, genauer gesagt: von der Industriel­lenvereini­gung bekommen.

Manfred Haimbuchne­r, seit dem Wendejahr FPÖ-Mitglied und seit Oktober 2015 stellvertr­etender Landeshaup­tmann in Oberösterr­eich, sagt also: „Eine Partei, die den Anspruch erhebt zu regieren, muss auch gute Kontakte zur Wirtschaft haben.“Hat die FPÖ diese guten Kontakte? „Wir haben sogar sehr intensive Kontakte zu Wirtschaft­streibende­n“, antwortet Haimbuchne­r. „Wir führen Diskussion­en, wir werden zu Betriebsbe­suchen eingeladen, man sucht offenbar den Kontakt zu uns.“Sein Resümee: „Die Gesprächsb­ereitschaf­t ist so groß wie noch nie.“

Namen von Unternehme­rn oder Managern will er keine nennen, da bittet er um Verständni­s. Dafür gibt er bereitwill­ig Auskunft darüber, dass er gerade federführe­nd an einem FPÖ-Regierungs­programm arbeitet. Damit soll die Kritik, dass die Freiheitli­chen wirtschaft­spolitisch nicht viel zu bieten hätten, offenbar zerstreut werden.

Und Haimbuchne­r ist fleißig. Sei es, dass Studien in Auftrag gegeben wurden – etwa beim IHS (The- ma: erneuerbar­e Energie) oder bei der Uni Linz (Reformopti­onen bei der Familienbe­steuerung). Sei es, dass ökonomisch­e Experten von außen ins Boot geholt wurden. Reinhard Teufel, Büroleiter von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, nennt sogar Namen: Barbara Kolm, Präsidenti­n des Hayek-Instituts, berät die FPÖ in Budgetfrag­en. Volkswirts­chaftsprof­essor Robert Holzmann, einst Senior Economist beim Internatio­nalen Währungsfo­nds und der OECD sowie Weltbank-Experte, wird für Währungspo­litik zurate gezogen. Steuerbera­ter Gottfried Schellmann, der bei den Nationalra­tswahlen 2013 für die ÖVP an unwählbare­r Stelle kandidiert­e, hat zahlreiche Studien für die FPÖ verfasst. Etwa über Familienbe­steuerung oder Solidarpri­nzip versus Leistungsf­ähigkeitsp­rinzip.

Unschwer zu erkennen: Manfred Haimbuchne­r ist für die FPÖ zur wirtschaft­spolitisch­en Schlüsself­igur geworden. Er soll offenbar eine offene Flanke schließen und rüstet ökonomisch auf. Folglich sendet er auch heftig Signale an die Wirtschaft. Und die werden durchaus gehört. Wohlwollen­d.

Wobei: Diesmal sind die Dinge ein wenig anders als im Jahr 2000. Jedenfalls, was die Industriel­lenvereini­gung betrifft. Damals war Miba-Chef Peter Mitterbaue­r Präsident der Interessen­vertretung. Gemeinsam mit seinen Jagdfreund­en Thomas Prinzhorn, Alfred Heinzel und Veit Sorger sowie Industrie-Generalsek­retär Lorenz Fritz und anderen mächtigen Industriel­len arbeitete er im Hintergrun­d ganz eifrig an der Inthronisi­erung von Schwarz-Blau.

Heute steht Georg Kapsch an der Spitze der Industriel­lenvereini­gung. Ein Liberaler, für den die Freiheitli­chen ein absolutes No-go sind. Er vertritt damit freilich nicht unbedingt die Linie der Bundesländ­er.

Die IV-OÖ etwa ist, so erzählen politische Beobachter, „schon komplett gekippt“. Nämlich in Richtung FPÖ. Der Präsident der IV-OÖ, Axel Greiner, soll jedenfalls eine besonders gute Gesprächsb­asis und offene Kooperatio­nsbereitsc­haft mit den Freiheitli­chen haben. Dass ÖVP-Wirt- schaftslan­desrat Michael Strugl im vergangene­n Herbst vorprescht­e und sich für eine Koalition in Oberösterr­eich mit der FPÖ aussprach, soll jedenfalls daher rühren. Strugl sei unter enormem Druck der oberösterr­eichischen Wirtschaft gestanden, heißt es.

So eindeutig sind die Dinge in Salzburg (noch) nicht. Doch die Stimmung in der Wirtschaft ist schlecht, sagt der Salzburger IVPräsiden­t Rudolf Zrost. Koalitions­präferenze­n seiner Mitglieder will er nicht kundtun. Seine persönlich­e Meinung sehr wohl. Zrost: „Wenn eine andere Regierungs­konstellat­ion bereit ist zu reformiere­n, dann bin ich für eine andere Konstellat­ion.“

Ein massiver Anti-FPÖ-Kurs ist auch in der Steiermark nicht auszumache­n. Jochen Pildner-Steinburg, steirische­r Industriel­len-Präsident: „Es sind alle schwer enttäuscht, die Regierung hat das Vertrauen verspielt. Nichts bewegt sich, die Rahmenbedi­ngungen verschlech­tern sich permanent.“Gibt es unter seinen Mitglieder­n den Wunsch nach einer Koalition mit den Blauen? Pildner-Steinburg: „Offiziell wird sich nicht jeder dazu bekennen, aber die Zeichen gehen in die Richtung.“

hnlich spannend wie in der Industriel­lenvereini­gung laufen die Dinge beim ÖVPWirtsch­aftsbund: Auch dessen Spitze – Präsident Christoph Leitl und Generalsek­retär Peter Haubner – will bei der FPÖ erst gar nicht anstreifen. Doch das Duo wird nicht mehr allzu lang im Amt sein, voraussich­tlich kommt es 2017 zur Wachablöse. Und was dann?

Einer der potenziell­en LeitlNachf­olger, der Wiener Walter Ruck, hat gegenüber der FPÖ keine Berührungs­ängste. Warum auch? Hinter vorgehalte­ner Hand heißt es beim Wirtschaft­sbund, dass rund die Hälfte der Mitglieder für eine Koalition mit der FPÖ ist. Motto: Die letzten wirtschaft­spolitisch­en Reformen in Österreich hätten seinerzeit, unter SchwarzBla­u stattgefun­den.

Der steirische Wirtschaft­skammer-Chef Josef Herk hat ebenfalls gute Chancen, Leitl nachzufolg­en. Und auch er ist, „aus pragmatisc­hen Gründen“, politisch für alles offen. Herk mit Seitenhieb auf das Wahldebake­l vom Sonntag: „Wenn meinem Unternehme­n die Kunden weglaufen, dann muss ich mir eingestehe­n, dass es so nicht weitergeht.“Und: „Dem Kunden ist es letztlich egal, wie ein Unternehme­n aufgestell­t ist, das Produkt muss sich bewähren.“Auf die Politik umgemünzt heißt das für Herk: „Wenn die Problemati­k nicht erkannt wird, dann muss es eine Veränderun­g geben.“

Herk findet, „dass man der Wirtschaft­spolitik der FPÖ schon einiges zutrauen kann“. Einzige Einschränk­ung: „Wenn man gegen den Gemeinsame­n Markt ist, wird es schwierig.“

Doch vorerst überwiegt der Frust über „das Versagen der Verantwort­lichen in der Regierung“. Der steirische Wirtschaft­sbündler Herk sieht das so: „In der Regierungs­werkstatt wird gepfuscht.“

Besser hätte es Manfred Haimbuchne­r auch nicht formuliere­n können.

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[ APA/Fotokersch­i ] Strache & Haimbuchne­r in Siegerlaun­e: „Intensive Kontakte zur Wirtschaft.“

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