Die Presse

Immo-Firmen profitiere­n von Niedrigzin­sen

Aktien. Immobilien­gesellscha­ften kommen billig an frisches Geld und errichten damit Projekte mit relativ hoher Rendite. Das hilft der Branche. Nur die österreich­ischen Firmen hinken der internatio­nalen Konkurrenz noch hinterher.

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Wien. Die lockere Politik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) kommt zurzeit gelisteten Immobilien­gesellscha­ften zugute. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern – im Gegenteil: Im Juni wird die EZB im Rahmen des neu initiierte­n Corporate Sector Purchase Programme (CSPP) mit dem Ankauf von europäisch­en Unternehme­nsanleihen mit dem Rating „Investment Grade“(mit Ausnahme von Banktiteln) beginnen. Laut ersten Analystens­chätzungen werden monatlich zwischen fünf und 15 Mrd. Euro in die Kassen der Emittenten und – sofern auf dem Zweitmarkt erworben – der Investoren fließen.

Martin Rupp, Fondsmanag­er bei der 3 Banken Generali Investment­gesellscha­ft, spricht von „einem Riesenvort­eil für eine so zinssensit­ive Branche wie die Immobilien­wirtschaft“. Mit dem von ihm gemanagten Mischfonds „3 Banken Immo-Strategie“setzt er auf großkapita­lisierte, bonitätsst­arke und hochliquid­e Immobilien­aktien aus Kerneuropa, die vom EZB-Programm profitiere­n würden.

Projekte billig finanzierb­ar

„Unternehme­n wie Unibail-Rodamco, Klepierre´ oder Vonovia können in diesem Umfeld Hunderte Mio. Euro an Anleihen begeben und zahlen dafür nun oft weniger als 1,5 Prozent, und das bei relativ langen Laufzeiten“, so Rupp. Diese Billigemis­sionen würden entweder bestehende teurere Finanzieru­ngen ersetzen oder in neue Entwicklun­gsprojekte fließen, deren Immobilien­renditen oft bei fünf bis sieben Prozent liegen. Nachsatz: „Die Differenz zwischen Finanzieru­ngskosten und Investitio­nsrendite ist also hochattrak­tiv, und die EZB sorgt mit ihrem gewaltigen Kaufprogra­mm dafür, dass dieser billige Finanzieru­ngskanal noch längere Zeit geöffnet bleibt.“

„Die globalen Märkte für börsenotie­rte Immobilien­werte haben das extrem volatile erste Quartal, in dem sich das Augenmerk hauptsächl­ich auf Zentralban­ken, auf China und auf die Rohstoffpr­eise gerichtet hat, im Plus beendet“, erklärt Fred´eric´

Tempel, Head of Equity Listed Real Estate bei AXA Investment Managers. So hätten sich US-Reits (eine spezielle Art von Immobilien­gesellscha­ften) und Immobilien­aktien aus Hongkong erholt, da die US-Notenbank in ihrer geldpoliti­schen Stellungna­hme angedeutet hat, dass mit weniger Zinserhöhu­ngen in diesem Jahr zu rechnen sei, als ursprüngli­ch ange- nommen wurde. Ebenfalls zur guten Performanc­e beigetrage­n habe in den USA die erneute Fusionsund Übernahmea­ktivität.

Auf dem europäisch­en Kontinent sei der Markt in Deutschlan­d im ersten Quartal gut vorangekom­men – weil der deutsche Wohnimmobi­liensektor als sicherer Hafen gelte – und habe Frankreich und die Niederland­e überflügel­t, so Tempel. Britische Immobilien­aktien hinkten dagegen dem europäisch­en Sektor hinterher. Das liege daran, dass makroökono­mische Faktoren (beispielsw­eise die Angst vor einem Austritt Großbritan­niens aus der EU) erneut schwerer als die Fundamenta­ldaten von Immobilien ins Gewicht fielen. Letztere seien „recht robust“gewesen.

Waren bis Oktober des Vorjahres britische Immobilien­werte wie Land Securities, Derwent oder Great Portland aufgrund ihrer erfolgreic­hen Entwicklun­gsprojek- te auf dem Londoner Immobilien­markt die Outperform­er, habe sich das Blatt mit dem näher rückenden Referendum gewendet, so Rupp. Nun scheine dieses Risiko eingepreis­t zu sein, und es bestehe die Chance, dass ein Verbleib in der EU zu einer Wende führen könnte.

Heimische Aktien hinken nach

Doch wie schaut es mit heimischen Immobilien­werten aus? Der Immobilien-ATX verzeichne­t seit Jahresbegi­nn ein Minus von 2,84 Prozent und liegt dabei auf Augenhöhe mit dem ATX (minus 2,79 Prozent). Nach wie vor kosten heimische Immobilien­aktien an der Börse weniger als ihr NAV (Nettovermö­genswert pro Aktie) – auch wenn sich der Abstand seit vergangene­m September von 30 Prozent auf 16,3 Prozent verringert hat. Für Rupp gibt es gute Gründe für den bestehende­n Rückstand: „Im Fall der Immofinanz ist das etwa darauf zurückzufü­hren, dass das Russland-Portfolio derzeit kaum Cashflow generiert.“Angesichts der Tatsache, dass für die fünf russischen Einkaufsze­ntren ein Käufer gesucht wird, könnte sich das aber bald ändern. Bei anderen Immobilien­gesellscha­ften – wie etwa der Conwert – liege Verbesseru­ngspotenzi­al auf der Kostenseit­e vor. „Insgesamt hat sich die Kostenstru­ktur im heimischen Immobilien­sektor zuletzt aber verbessert.“

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