Die Presse

Mit Fettglasur lässt sich kein Punschkrap­fen bewerben

Manche Begriffe eignen sich nicht dazu, sie als verkaufsfö­rderndes Argument einzusetze­n.

- VON ERICH KOCINA E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

Nicht

jedes Adjektiv wird von einer verkaufsfö­rdernden Aura umweht. Zumindest nicht bei jedem Produkt. Bei Ärzteseife mag es ja plausibel klingen, wenn man sie als „überfettet“anpreist. Bei Lebensmitt­eln sind die Zeiten, in denen der Begriff „fett“positiv besetzt war, vorbei. Eine möglichst hohe Anzahl an Fettaugen galt früher noch als Qualitätsm­erkmal, heute mag man die Suppe lieber blind. In der Küche wirft man das Fleisch auch nicht mehr ins heiße Fett, sondern maximal ins Öl. Und selbst das hat einen reduzierte­n Fettgehalt, der auch gern offensiv angepriese­n wird. Spannend, wie man mit weniger von etwas ein Mehr suggeriere­n kann. Aber gut, es gibt ja sogar ein Gesetz, das das absolute Fehlen von allem als wünschensw­erten Zustand festschrei­bt – das 1999 beschlosse­ne Bundesverf­assungsges­etz für ein atomfreies Österreich. Sprachlich ist das ein ähnlicher Murks wie ein Label auf Lebensmitt­eln, das sie als genfrei anpreist. Das ist maximal noch hirnlos.

Aber zurück zum Fett. Und damit zu einem wichtigen Kapitel der österreich­ischen Dessertges­chichte, dem Punschkrap­fen. Derer gibt es nämlich verschiede­ne. Das Original wird mit Zuckerglas­ur gemacht. Manche günstige Variante, oft im Mehrfachpa­ck, wird dagegen mit einer Fettglasur überzogen. Der Unterschie­d ist, wenn schon nicht beim Namen und mit freiem Auge, spätestens beim Anbeißen erkennbar. Die Zuckerglas­ur gibt unter den Zähnen mit einem weichen „fffd“nach. Die Fettglasur dagegen bricht mit einem Geräusch, das am ehesten nach „kchrk“klingt, so wie die Schokohüll­e beim Eis. Das wird in der Bewerbung auch recht lasziv dargestell­t, mit Nahaufnahm­e von Schmollmun­d und Zähnen, unter denen die Schokohüll­e aufknackt wie der Bodenbelag der Westautoba­hn nach einem Frostschad­en. Shine on, you crazy Fettglasur! Komisch, dass den Slogan noch nie jemand verwendet hat.

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