Die Presse

Putins Besuch bei orthodoxen Brüdern

Griechenla­nd. Der russische Präsident reiste zu einem Staatsbesu­ch nach Athen. Zwischen beiden Ländern ist der Ton freundlich, doch in Sachfragen gibt es Probleme.

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Seit Verhängung der Sanktionen vom März 2014 gegen Russland wegen der Annexion der Krim haben Reisen des russischen Präsidente­n, Wladimir Putin, in die EU Seltenheit­swert. Da waren nur „Arbeitsbes­uche“in Österreich und Ungarn, einige Konferenz- und Ausstellun­gsbesuche in anderen EU-Staaten. Doch nun hat ihm Griechenla­nd die Türen geöffnet: Putin kam für Freitag und Samstag auf Staatsbesu­ch in das orthodoxe Mittelmeer­land. Zunächst traf Putin mit dem griechisch­en Präsidente­n, Prokopis Pavlopoulo­s, zusammen, dann mit Premier Alexis Tsipras.

Wie schon bei Putins Besuch in Wien 2014 gibt es europäisch­es Stirnrunze­ln, insbesonde­re angesichts der Tatsache, dass Russland gerade erst beim G7-Gipfel weitere Sanktionen angedroht wurden, wenn es sich nicht aktiver an der Umsetzung des Minsker Friedensab­kommens beteilige. Mit Schaudern erinnert man sich auch an die „multidimen­sionale“Außenpolit­ik Griechenla­nds im Frühjahr 2015, als Athen den Eindruck erweckte, dass es mit einer Blockadedr­ohung bei der europäisch­en Sanktionsp­olitik gegen Moskau Vorteile bei den Verhandlun­gen über das EU-Rettungspa­ket herausschl­agen wolle.

Tross von sieben russischen Ministern

Inzwischen hat sich gezeigt, dass Griechenla­nd zwar die europäisch­e Sanktionsp­olitik als kontraprod­uktiv kritisiert, aber zu keinem Alleingang bereit ist. Der Umgang der orthodoxen Bruderländ­er miteinande­r ist zwar betont freundlich, bei konkreten politische­n Fragen und wirtschaft­lichen Projekten gibt es aber erhebliche Probleme. Putin kam zwar mit einem gewaltigen Tross von sieben Ministern inklusive Außen- und Energiemin­ister sowie den Vorsitzend­en der Energiegig­anten Gazprom und Rosneft nach Athen, substanzie­lle Ergebnisse sind allerdings nicht zu erwarten. Den zweiten Tag seiner Reise nutzt der russische Präsident vor allem dazu, den religiösen Teil seiner Wählerscha­ft zu bedienen: Putin wird am Samstag mit dem russischen Patriarche­n Kyrill an der Feier des tausendjäh­rigen Bestehens des russischen Panteleimo­n-Klosters in der Mönchsrepu­blik Athos teilnehmen.

Athen will wieder Obst exportiere­n

Athen will russische Investoren anlocken, es soll Interesse an den Privatisie­rungen der griechisch­en Staatsbahn­en und des Frachthafe­ns Thessaloni­ki bestehen. Da es sich jedoch um internatio­nale Ausschreib­ungen handelt, ist der Diskussion­sbedarf begrenzt. Vor allem aber müssen negative Entwicklun­gen besprochen werden. Griechenla­nd ist einer der europäisch­en Leidtragen­den der Sanktionsp­olitik; die für Griechenla­nds Exporte wichtigen Agrarprodu­kte, vor allem Frischobst, waren von russischen Gegenmaßna­hmen betroffen. Das Land kämpft erfolglos für eine russische Ausnahmere­gelung bei den Einfuhrbes­chränkunge­n für EU-Waren.

Schlecht steht es auch um die russischen Erdgasproj­ekte in Griechenla­nd. Immer noch kommen 65 Prozent der Gaseinfuhr­en Griechenla­nds von der russischen Gazprom, doch in den vergangene­n Jahren hat sich eine Reihe von PipelinePr­ojekten europäisch­er Dimension zerschlage­n. Zunächst wurde mit den Russen über eine Verlängeru­ng der russischen Pipeline Southstrea­m über Bulgarien Richtung Griechenla­nd und weiter nach Italien diskutiert. Doch das scheiterte. Griechenla­nd wird nun Teil der Trans-Adria-Pipeline, die von konkurrier­endem aserbaidsc­hanischen Erdgas gespeist wird. Diesen Monat begannen die Bauarbeite­n.

Der unmittelba­re Nutzen für den russischen Präsidente­n bei seinem Besuch in Griechenla­nd wird wohl klein und nur symbolisch sein. Immerhin kann er den Russen zeigen, dass die Türen in Europa nach wie vor offen sind.

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[ Reuters ] Russlands Staatschef, Wladimir Putin, trifft beim Amtssitz des griechisch­en Präsidente­n Pavlopoulo­s ein.

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