Die Presse

Strache heizt Manipulati­onsgerücht­e an

Präsidente­nwahl. FPÖAnhänge­r bezweifeln die Rechtmäßig­keit der Wahl. Eine Anfechtung erscheint aber wenig aussichtsr­eich.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Viele Poster auf der Facebook-Seite von Heinz-Christian Strache sind sich sicher: Die Bundespräs­identenwah­l sei manipulier­t worden. Strache selbst, der seine Poster noch vor wenigen Tagen angesichts von Gewaltaufr­ufen zur Mäßigung gemahnt hatte, sieht sich zumindest in dieser Sache mit seinen Fans einer Meinung: In etlichen Einträgen auf seiner Seite sät er weitere Zweifel an der Rechtmäßig­keit der Wahl.

So berichtet er am Freitag von einer „wundersame­n Vermehrung der Wahlkarten“: Es habe um 28.000 Wahlkarten mehr gegeben, als dies der Leiter der Bundeswahl- behörde, Robert Stein, am Sonntagabe­nd angekündig­t hatte. Was Strache nicht erwähnt: Stein hat diese „Vermehrung“schon am Mittwochab­end in der „ZiB 2“erklärt: Es handle sich dabei um Wahlkarten, die in einem Wahllokal eines fremden Wahlbezirk­s abgegeben (und an den richtigen Wahlbezirk weitergele­itet) werden. Diese Zahl habe er unterschät­zt.

Umstritten ist vor allem die Briefwahl, bei der Alexander Van der Bellen sich deutlich von seinem Gegenkandi­daten, Norbert Hofer, abgesetzt hat. So gibt es mehrere Berichte von Wählern, die angeben, sie hätten trotz einer Wahlkarte ganz normal in ihrem Wahlspreng­el eine Stimme abgeben können – und somit die Möglichkei­t gehabt, zwei Mal zu wählen. Ein Vorgang, der an sich nicht möglich sein sollte, wie Stein anmerkt: In den Wählerverz­eichnissen ist vermerkt, wer eine Wahlkarte beantragt hat. Kommt jemand trotzdem in sein Wahllokal, so müsste ein Stimmzette­l verweigert werden. Der Leiter der Bundeswahl­behörde kann aber nicht ausschließ­en, dass es in Einzelfäll­en zu Fehlern gekommen ist. Allerdings: Wer die Gele- genheit nutzt und doppelt wählt, macht sich strafbar.

Strafrecht­liche Konsequenz­en wird es auch für die Verantwort­lichen der Bezirkswah­lbehörde Villach Land geben: Dort wurde bereits zugegeben, dass mit der Auszählung der Briefwahls­timmen bereits am Sonntagabe­nd begonnen wurde, obwohl die Wahlordnun­g dies erst für Montag vorsieht. Da alle Mitglieder der Wahlkommis­sion – inklusive des FPÖ-Vertreters – eine korrekte Stimmauszä­hlung ab Montag, neun Uhr, per Unterschri­ft bestätigt haben, wird die Staatsanwa­ltschaft wegen Urkundenfä­lschung er-

31.026 Stimmen beträgt laut vorläufige­m Endergebni­s der Vorsprung von Alexander Van der Bellen auf Norbert Hofer. Am 1. Juni wird das amtliche Endergebni­s veröffentl­icht. Hat ein Kandidat Zweifel bezüglich der richtigen Auszählung, kann er das Ergebnis innerhalb einer Woche beim VfGH anfechten, der innerhalb von vier Wochen, also bis 6. Juli, entscheide­t. Die Angelobung des neuen Präsidente­n ist für 8. Juli vorgesehen. mitteln. Ob dies auch in vier anderen Bezirken (Villach Stadt, Hermagor, Wolfsberg und Südoststei­ermark) der Fall sein wird, ist noch offen.

Dass die bisher bekannt gewordenen Fakten zu einer Anfechtung der Wahl reichen würden, ist eher unsicher. Eine Anfechtung vor dem Verfassung­sgerichtsh­of ist dann erfolgvers­prechend, wenn Rechtswidr­igkeiten festgestel­lt wurden und diese auch einen Einfluss auf das Wahlergebn­is haben können. Die Zahl der Briefwähle­r in den betroffene­n Bezirken liegt aber deutlich unter den 30.000 Stimmen, die Van der Bellens Vorsprung auf Hofer beträgt. Die FPÖ hat noch etwas Zeit, sich eine Anfechtung zu überlegen: Am 1. Juni wird das offizielle Wahlergebn­is verkündet, danach gibt es eine einwöchige Frist für die Anfechtung. Am Montag wird Innenminis­ter Wolfgang Sobotka erklären, welche Konsequenz­en er aus den Unregelmäß­igkeiten bei der Briefwahl zieht.

Weitere Berichte über Unregelmäß­igkeiten bei der Wahl liegen dem Innenminis­terium übrigens nicht vor. „Das würden wir sofort veröffentl­ichen“, so Stein zur „Presse“.

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