Die Presse

Alexander Van der Bellen spielt mit dem Feuer

- VON OLIVER PINK E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

N ein, er werde der FPÖ nicht den Auftrag zur Regierungs­bildung geben, selbst wenn sie Erste werden sollte, sagte Alexander Van der Bellen nun in der ARD. Das lässt zwei Schlüsse zu: Entweder das war’s dann wieder mit dem Gräbenzusc­hütten. Oder der Neo-Präsident gab einem ausländisc­hen Medium einfach das, was es (vermutlich) hören wollte. Das eine wäre ungeschick­t, das andere opportunis­tisch. Und die dritte Möglichkei­t, Van der Bellen bekräftigt noch einmal das, was er im Wahlkampf gesagt hat, wäre demokratie­politisch bedenklich.

In der Sache hat Van der Bellen zwar recht – die FPÖ spiele mit dem Feuer, deren EU-feindliche­r Kurs würde der Exportwirt­schaft schaden. Dennoch sollte gelten: Wer mit Mehrheit gewählt ist und eine Mehrheit im Parlament hinter sich hat, ist vom Wähler mit einem Auftrag ausgestatt­et. Selbst wenn es so knapp sein sollte wie bei Van der Bellens eigener Wahl.

Auch dieser sollte sich an die bisherigen Usancen halten (notfalls mit grantiger Miene). So wie auch Norbert Hofer sich an die bisherigen Usancen hätte halten müssen. Trotz gegenteili­ger Kraftmeier­ei im Wahlkampf.

Und damit solch eine künftig gar nicht mehr verfängt, sollte man jenes Projekt angehen, das nun auch die ÖVP – gestern in Gestalt des omnipräsen­ten Reinhold Lopatka – für vernünftig hät: die Befugnisse des Präsidente­n der Demokratie der Gegenwart anzupassen. Dass der Bundespräs­ident theoretisc­h das Parlament (auf Antrag der Regierung allerdings) auflösen kann, mutet heute ebenso seltsam an wie das Begnadigun­gsrecht oder die Möglichkei­t, uneheliche Kinder in eheliche zu verwandeln.

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