Die Presse

Wien will zehn Prozent einsparen

Verwaltung. Bevölkerun­gswachstum, Arbeitslos­igkeit: Die Ausgaben der Stadt steigen. Bis Ende Mai müssen die Magistrats­abteilunge­n darlegen, wie und wo sie sparen wollen.

- SAMSTAG, 28. MAI 2016 VON ULRIKE WEISER, MARTIN STUHLPFARR­ER UND ANDREAS WETZ

Wien. Wie reich oder – eher – wie arm ist Wien? In den nächsten Wochen weiß man es wieder etwas genauer: Am 27. Juni wird der Rechnungsa­bschluss für 2015 im Gemeindera­t diskutiert. Schon der Voranschla­g für das Stadtbudge­t sah neue Schulden in der Höhe von 742 Mio. Euro vor. Doch es werden wohl noch ein paar dazugekomm­en sein.

Zugegeben, die Ausgangsla­ge war nicht einfach: Die Arbeitslos­igkeit ist hoch, die Wirtschaft wächst wenig, die Stadt dafür stark (im Vorjahr um 43.000 Menschen). Und sollten die umliegende­n Bundesländ­er den Zugang zur Mindestsic­herung verschärfe­n, bedeutet das für Wien weiteren Zuzug – vor allem von Flüchtling­en. Der Fonds Soziales Wien, der die Betreuung der Flüchtling­e koordinier­t, musste sein Budget für 2015 und 2016 bereits um 133,7 Millionen Euro aufstocken lassen.

700 Vorschläge

Auch für das laufende Jahr 2016 ist keine finanziell­e Trendwende in Sicht, die Lage spitzt sich eher weiter zu. Es stehen teure Großprojek­te (Spital Wien Nord) und Umgestaltu­ngen (Schwedenpl­atz etc.) an. Dazu kommt, dass für 2016 eigentlich ein strukturel­les Nulldefizi­t vorgesehen ist, also ein um Konjunktur­schwankung­en und Einmaleffe­kte bereinigte­s Defizit. In anderen Worten: Wien muss sparen, und zwar dringend.

Bereits vor einigen Wochen – „Die Presse“berichtete – hat Finanzstad­trätin Renate Brauner (SPÖ) deshalb die Wiener Strukturun­d Aufgabenre­form (kurz: WiSta) angekündig­t. Alle Magistrats­abteilunge­n wurden aufgeforde­rt, sich zu überlegen, wo sie wie sparen können. Bis Ende Mai, also bis nächste Woche, müssen die Ideen auf dem Tisch liegen. Inzwischen sind auch ein paar Details zum Sparplan bekannt – vor allem das Ziel: nämlich immerhin minus zehn Prozent. Wobei man die zehn Prozent als „einen Daumen-malPi-Wert“verstehen müsse und nicht als eine fixe Vorgabe, so eine Sprecherin der Magistrats­direktion. Immerhin seien die Abteilunge­n und deren Finanzsitu­ation dafür viel zu unterschie­dlich. Fix eingeplant­e Kosten (Pensionen, Landeslehr­ergehälter etc.) werden übrigens aus der Rechnung gänzlich ausgeklamm­ert.

Bis dato sind bei der Magistrats­direktion etwa 700 Vorschläge eingelangt. Diese werden in den nächsten Wochen gesichtet und gesiebt. Ende Juni sollen die politische­n Verantwort­lichen dann die Auslese bewerten. Und im Hinblick auf das Budget 2016 werden sie ein Auge darauf haben, dass darunter Ideen sind, die schnell greifen.

Billigere Stadtstraß­e

Wobei einzelne Maßnahmen schon fix scheinen. Christoph Chorherr, Planungssp­recher der Grünen, kann bereits ein Projekt nennen, wo man im Stadtplanu­ngsressort sparen kann und will: So soll die Stadtstraß­e im 22. Bezirk günstiger und „stadtvertr­äglicher“gestaltet werden. Freilich, so sein Nachsatz, hätte man dies auch ohne die Aufforderu­ng aus der Magistrats­direktion getan. Prinzipiel­l findet Chorherr den Sparappell aber richtig: „Gerade eine rot-grüne Regierung, die staatliche­s Handeln wichtig findet, ist gut beraten, immer wieder zu überprüfen, ob Kosteneffi­zienz gegeben ist. Und da gibt es ohne Zweifel in allen Bereichen in Wien deutliche Verbesseru­ngsmöglich­keiten.“Doch das sieht man nicht in allen Abteilunge­n so. Offenbar klopfen einige Abteilungs­leiter vorsichtig bei der Gewerkscha­ft an, um zu sehen, was diese zu Personalre­duktionen sagen würden – bei gleichzeit­iger Betonung, dass man das Sparziel sonst kaum erreichen kann. Wobei dies vonseiten der Magistrats­direktion so nicht vorgesehen ist. Im Gegenteil. Kündigunge­n seien wie die Privatisie­rung von Daseinsvor­sorge explizit tabu. Das gilt allerdings nicht für die Nichtnachb­esetzung von Posten.

Nach „Presse“-Informatio­nen könnte es auch zu einer De-factoStrei­chung von Überstunde­n in nahezu allen Magistrats­abteilunge­n kommen. So ein Vorgehen ist bereits aus dem Krankenans­taltenverb­und bekannt: Überstunde­n müssen dort zwingend genehmigt werden, gleichzeit­ig wurde dazu aufgeforde­rt, nach Möglichkei­t genau das zu unterlasse­n.

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[ Clemens Fabry ] Das Rathaus Freitagnac­hmittag mit dem fast fertigen EM-Fandorf.

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