Die Presse

Dichte Wolken auch ohne Industrie

Kondensati­onskeime bilden sich aus natürliche­n Stoffen.

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Dieses Forschungs­ergebnis ergab sich durch ein Missgeschi­ck. Es passierte in der hochreinen Wolkenkamm­er am Kernforsch­ungszentru­m CERN bei Genf, in der die Entstehung von Wolken erforscht wird.

Normalerwe­ise befinden sich hier Schwefelsä­uremolekül­e: Der Luftschads­toff gilt als hauptveran­twortlich für die Bildung von Kondensati­onskeimen, an denen Wolken entstehen. Die Schwefelsä­ure der Luft stammt zum Großteil aus fossilen Brennstoff­en wie der Verarbeitu­ng von Erdöl, Kohle oder Dünger. Seit der Industrial­isierung ist die Konzentrat­ion stark gestiegen. Daher stammt die Annahme, dass die Wolkendich­te seit der industriel­len Revolution höher ist als davor.

„Nach einer unbeabsich­tigten Verschmutz­ung mussten wir die Kammer sehr gründlich reinigen“, erzählt Armin Hansel, Ionenphysi­ker der Uni Innsbruck. Sein Team ist gemeinsam mit Forschern der Uni Wien Teil des internatio­nalen EU-Projekts Cloud. Nach der gründliche­n Reinigung führten die Forscher spontan Versuchsre­ihen ohne Schwefelsä­ure durch. Und tatsächlic­h konnten sich Wolken in Abwesenhei­t dieser Molekül gut bilden.

Duft der Nadelbäume

Die Forscher schleusten nur rein natürliche Stoffe in die Kammer ein: z. B. Monoterpen­e. Ihren Geruch erlebt jeder, der durch einen Nadelwald schreitet, da Nadelbäume Monoterpen­e abgeben. Diese organische­n Verbindung­en können Molekülhau­fen bilden, aus denen Kondensati­onskeime für Wolken entstehen. So wurde erstmals gezeigt, dass die Partikeldi­chte in der Atmosphäre in vorindustr­ieller Zeit viel höher gewesen sein könnte als bisher angenommen. Demnach wäre der Einfluss des Menschen auf die Wolkenbild­ung der Gegenwart verhältnis­mäßig geringer als bislang vermutet. (vers)

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