Die Presse

Seile machen Sonnenkoll­ektoren sturmfest

Energie. Das österreich­ische Start-up-Unternehme­n Solabolic will mit seinem Patent Sonnenener­gie effiziente­r nutzen. Eine Hängebrück­en-Technologi­e soll größere Parabolspi­egel ermögliche­n und dabei Kosten senken.

- VON TIMO KÜNTZLE

In einer 16 Meter hohen Werkshalle in Wien Liesing steht der Prototyp eines neuen Parabolrin­nenKollekt­ors. Solche konkav, also nach innen, gewölbten Spiegel zur Bündelung des Sonnenlich­ts sind an sich nichts Neues. Lange schon werden sie in Solarwärme­kraftwerke­n verbaut, um Sonnenener­gie zu konzentrie­ren, auf Absorberro­hre zu übertragen und als Wärmeenerg­ie weiterzule­iten. Dabei gilt das Prinzip, dass die Effizienz der Anlagen mit der Breite der einzelnen Spiegelele­mente steigt. Unter anderem deshalb, weil man bei einer größeren Fläche trotzdem nur das eine Absorberro­hr benötigt, auf dem dann aber mehr Sonnenener­gie konzentrie­rt werden kann.

Hier beginnt das Problem, denn mit der Breite steigen auch Anforderun­gen an die Statik der Kollektore­n. Schließlic­h sollen sie nicht nur das Sonnenlich­t einfangen, sondern auch einem Sturm und ihrem Eigengewic­ht standhalte­n. Geringste Verschiebu­ngen oder Verwindun- gen können dazu führen, dass die perfekte parabolisc­he Form des Spiegels ins Wanken gerät und das Sonnenlich­t nicht optimal bündelt. „Die optische Präzision spielt eine große Rolle beim Wirkungsgr­ad“, erklärt Solabolic-Gründer Ahmed Adel. Deshalb sind herkömmlic­he Parabolrin­nen-Kollektore­n kaum breiter als sieben Meter und verlangen eine robuste, materialau­fwendige und damit teure Konstrukti­onsweise. Adel verspricht Abhilfe.

sind meist in Nord-Südrichtun­g aufgestell­t und folgen via Stellmotor dem Sonnenlauf, sodass deren Strahlen stets senkrecht einfallen und auf einer Brennlinie, dem Absorberro­hr, konzentrie­rt werden. Es enthält ein Thermoöl, das sich auf mehrere Hundert Grad erhitzt und die thermische Energie weiterleit­et, bevor sie meist zu Strom umgewandel­t wird. Viele dieser Kollektore­n bilden ein Parabolrin­nen-Kraftwerk. Die Technik ist die wichtigste der CSP-(concentrat­ed solar power)-Industrie. Der 33-jährige Ägypter hat seinen Master-Abschluss an der TU Wien gemacht und lebt seit mehr als sieben Jahren in Österreich.

Aus Ländern mit viel Sonne

Mit seiner patentiert­en Erfindung will er einer neuen Generation von Parabolrin­nen-Kollektore­n zum Durchbruch verhelfen. „Wir können mit unserer Technologi­e viel größere Kollektore­n herstellen, das erhöht die Wirtschaft­lichkeit signifikan­t“, verspricht Adel. Sie sollen mit zwölf bis 15 Metern deutlich über die bisherigen Breiten hinausrage­n, gleichzeit­ig den Materialau­fwand um bis zu 30 Prozent senken und Transport und Herstellun­g vereinfach­en. Viele der Komponente­n ließen sich aus den sonnenreic­hen Ländern des Nahen Ostens oder Nordafrika­s beziehen, was einen guten Teil der Wertschöpf­ung dort belassen würde, wo die Kraftwerke auch aufgebaut werden. Ein wichtiges Argument für Staatenlen­ker, hofft Adel.

Den Kern der Technologi­e vergleicht er mit der Konstrukti­on einer Hängebrück­e. Diese spart durch die Kraftübert­ragung auf Stahlseile eine Menge an Beton und erlaubt gleichzeit­ig eine enorme Vergrößeru­ng der Spannweite­n – die längste Hängebrück­e der Welt überwindet in Japan annähernd zwei Kilometer von Pfeiler zu Pfeiler. Dasselbe Prinzip nutzt Adel, um mit Seilen ein flexibles, gewichtsre­duziertes Spiegelble­ch oder -glas auch bei großen Windlasten in der perfekten parabolisc­hen Form zu halten. Die Konstrukti­on ließe sich auch mit relativ einfachen Mitteln in abgelegene­n Wüstengebi­eten zusammenba­uen.

Derzeit verhandelt Adel mit potenziell­en Projektpar­tnern in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten über den Bau einer Pilotanlag­e. Die gewonnene thermische Energie soll eine Meerwasser-Entsalzung­sanlage speisen. Adels Herkunft aus dem Sonnenland Ägypten dürfte kein Zufall sein. „Ich hatte immer die Vorstellun­g, dass die Solarenerg­ie eine Antwort auf eines der größten Probleme der Menschheit sein könnte.“

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