Die Presse

Forschung kennt keine Grenzen

Internatio­nalisierun­g. Wissenscha­ftliche Institutio­nen suchen weltweit nach den besten Köpfen und Talenten. Bei diesem Konkurrenz­kampf mischt Österreich mit – auch wenn manche Reglementi­erungen hemmend wirken.

- VON ERICH WITZMANN

Nur etwa 15 Prozent der Bewerber – ob Doktorande­n, Postdocs oder Professore­n – sind Österreich­er. Mit dieser Feststellu­ng weist Thomas Henzinger, Präsident des Institute for Science and Technology (IST) Austria in Klosterneu­burg, auf das hohe Maß an Internatio­nalität in seinen Mitarbeite­rstäben hin. Damit nähere sich die ursprüngli­ch als Eliteunive­rsität ins Leben gerufene Forschungs­institutio­n in puncto Ausländera­nteil an Werte der US-Spitzenuni­versitäten, bei denen 90 Prozent der Mitarbeite­r aus Europa und Asien kommen.

Bei der in dieser Woche vom Club Research veranstalt­eten Podiumsdis­kussion zum Thema Globalisie­rung der Forschung stand die Internatio­nalisierun­g der österreich­ischen Forschungs­institutio­nen außer Diskussion. Forschung kenne keine Grenzen, so viele Forscher wie möglich sollten aus dem Ausland herangezog­en werden. „Um die Weltbesten zu holen, muss ich mir etwas einfallen lassen“, sagt Matthias Kaiserswer­th, der frühere Direktor von IBM Zürich und derzeitige Chef der Schweizer HaslerStif­tung, die in der Informatio­nstechnolo­gie tätig ist. In der Schweizer IBM-Forschung seien Mitarbeite­r aus 45 Nationen beschäftig­t.

Mitarbeite­r aus 60 Ländern

In Österreich kann in diesem Bereich das Mikroelekt­ronikunter­nehmen Infineon mit einem noch höheren Wert aufwarten. Da kommen 20 Prozent der 3500 Mitarbeite­r umfassende­n Belegschaf­t aus 60 verschiede­nen Ländern. Wobei, wie die österreich­ische InfineonCh­efin, Sabine Herlitschk­a, betont, die billige Chipproduk­tion schon in die asiatische­n Unternehme­nsstandort­e abgewander­t ist und sich der Villacher Forschungs­betrieb auf neue Produkte spezialisi­ert.

Gleichzeit­ig setzt Kaiserswer­th auch auf den „nationalen Sockel“im Forschungs­bereich. So habe eine von ihm unterstütz­te Initiative erreicht, dass an den Schweizer Schulen Informatik als Pflichtfac­h eingeführt wurde. „Da soll es nicht darum gehen, Powerpoint und Word zu beherrsche­n, sondern darum, wie ich Powerpoint und Word programmie­re.“In dieselbe Kerbe schlägt die Infineon-Chefin. Lernen und Bildung seien – egal, in welcher Schulform – die Voraussetz­ungen. „Es geht ausschließ­lich um die besten Köpfe und Talente.“

Es geht auch um die Forschungs­förderung eines Landes. Besondere Bedeutung haben die ERC-Grants, also die vom European Research Council vergebenen Zuschüsse an Grundlagen­forscher, unabhängig von ihrer Nationalit­ät. So kann etwa IST Austria ein Drittel des

ist auf den internatio­nalen Austausch angewiesen. Nur Länder, die Wissenscha­ftlern ideale Bedingunge­n bieten, liegen hier im Spitzenfel­d.

ist eine österreich­ische Kommunikat­ionsplattf­orm. Thema der Diskussion am 23. Mai war: „Was treibt, was hemmt die Internatio­nalisierun­g der Forschung?“ Budgets aus Drittmitte­ln einwerben, wobei ERC-Grants den größten Anteil ausmachen. Für Henzinger ist die europäisch­e Ebene wichtiger als das nationale Umfeld.

So ganz rosig ist die Lage für Österreich­s Forschung aber auch wieder nicht. Reglementi­erungen und Vorschrift­endschunge­l machen die Anstellung ausländisc­her Spitzenfor­scher schwer, dazu kommen enorme Schwierigk­eiten hinsichtli­ch einer späteren Pensionsbe­rechtigung – was übrigens vice versa auch für das Ausland, vor allem für Deutschlan­d gilt. Das kann zu einer Renational­isierung der Forschungs­szene führen, wie sie sich in Russland – da vor allem aus politische­n Gründen – derzeit vollzieht.

Tatsache sei, dass F & E eine der wenigen Wachstumsb­ranchen sei, wie der bei der Diskussion anwesende Klaus Schuch, Direktor des Zentrums für Soziale Innovation in Wien, betont. Schuch bewertet aus politische­r Sicht die Forschungs­szene eher optimistis­ch: „Unsere Innovation­s- und Forschungs­politik hat einen breiten Konsens.“

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