Eigentum „charakterbildend“?
QVom Eigentum als „charakterbildende Eigenschaft“hatte Anton Wildgans geschrieben, und ich frage mich, ob er, lebte er noch, sich dafür schämen oder trotzig an diesem Postulat festhalten würde. Die Antwort lässt sich erraten, wenn wir uns seinem ältesten Sohn zuwenden. Bei Bernhards WildgansVerteufelung ist Friedrich Wildgans gut weggekommen, als „ein ganz und gar genialer Musiker, der zu den hoffnungsvollsten Komponisten seiner Zeit gehört hat“. Was Bernhard nicht erwähnt, ist die konspirative Tätigkeit des jungen Wildgans unter der Naziherrschaft, seine Gestapo-Haft und sein politisches wie künstlerisches Engagement nach der Befreiung 1945. Dank des Historikers Manfred Mugrauer wissen wir, dass Friedrich Wildgans dafür doppelt bezahlt hat, als Antifaschist, der sich gegen die restaurativen Tendenzen im Musikbetrieb der Zweiten Republik gewendet hat und aus diesem Grund wüst angefeindet wurde, und als Kommunist, der die ideologische Verhärtung seiner Partei nach dem Stalin-Tito-Bruch nicht hingenommen hat und deshalb gleichzeitig ausgeschlossen wurde und ausgetreten ist. Er wurde trotzdem kein Renegat und blieb seinen ästhetischen wie gesellschaftlichen Idealen bis zu seinem Tod treu. Nicht zuletzt wegen der Überlegungen, die in Anton Wildgans’ Gedicht „Im Anschaun meines Kindes“eingeflossen sind, gefällt mir die Vorstellung, dass Friedrichs lauterer Charakter und großes Talent auch dem Einfluss des Vaters geschuldet waren.
So kehre ich an den Beginn dieser kleinen Rede zurück: Friedrich ist mit 52 Jahren gestorben, Anton mit 51. Viel zu früh, nicht nur nach heutigen Begriffen, und wir wissen nicht, ob der Tod die Krönung ihres Schaffens verhindert hat. Ich habe sie gleichsam überlebt und streife, dankend, einen Preis ein, für den ich eigentlich nicht bestimmt bin.