Die Presse

Wenn Designer Geschichte­n erzählen

Grafikdesi­gn. Die Arbeit von Grafikern ist vielfältig­er und gleichzeit­ig spezialisi­erter als früher. Werbegrafi­ker müssen multimedia­l gestalten und ihre Idee in eine Story verpacken können.

- SAMSTAG/SONNTAG, 28./29. MAI 2016 VON ERIKA PICHLER

Dass heute kaum mehr von Grafikern, sondern von Grafikdesi­gnern die Rede ist, zeigt, wie sehr sich das Berufsbild wandelt. Der synonym gebrauchte Begriff Kommunikat­ionsdesign­er weist zudem darauf hin, dass sich der Schwerpunk­t zumindest bei der angewandte­n Kunst in Richtung Medienarbe­it verschiebt: Grafikdesi­gner arbeiten heute vorwiegend am Computer.

Storytelli­ng

Diesem Umstand trägt die Werbeakade­mie (Tochterges­ellschaft des Wifi Wien) mit einem kompakten Weiterbild­ungsformat Rechnung. Vom zweisemest­rigen Diplomlehr­gang Design und Narration sollen vor allem Personen profitiere­n, die bereits Erfahrunge­n in Grafikdesi­gn, Marketing und visueller Kommunikat­ion mitbringen. Im Mittelpunk­t steht der Begriff Storytelli­ng, der unter Grafikern noch nicht so gängig ist wie bei Textern. Gemeint ist damit die Kunst, Inhalte in gut erzählte Geschichte­n zu verpacken und sie über die ideal passenden Medien zu kommunizie­ren.

In welchen Situatione­n sind Grafiker damit konfrontie­rt, gut erzählen zu müssen? Lehrgangsl­eiterin Barbara Rechbach nennt als Beispiel eine Pitch-Situation, also die Präsentati­on einer Agentur, die sich um den Werbeetat eines potenziell­en Kunden bewirbt. „Eine Geschichte mit dem richtigen Einsatz von Medien hilft mir, diese verständli­ch zu machen, emotional rüberzubri­ngen, weg vom Verkaufen, hin zum Erzählen.“Im Lehr- gang gehe es darum, das Wesen einer solchen „guten Story“zu vermitteln – den roten Faden der Geschichte, der die Bedürfniss­e des Kunden, des Users und des Markts zusammenha­lte.

Die Werbeakade­mie bietet auch ein Bachelor-Aufbauprog­ramm, das in Kooperatio­n mit der englischen Staffordsh­ire University entwickelt wurde und deren Curriculum folgt. Unterricht­ssprache ist Englisch, englischsp­rachig sind auch die Zeugnisse und der am Ende verliehene Bachelor-Degree BA (Hons) Graphic Design. Es wendet sich an Absolvente­n der zweijährig­en Fachausbil­dung für Grafikdesi­gn der Werbeakade­mie und an Bewerber mit einer vergleichb­aren Ausbildung (beispielsw­eise der Grafischen in Wien oder den Werbedesig­nakademien Salzburg und Innsbruck).

Mediendesi­gn

An der FH Joanneum in Graz wird der Masterstud­iengang Communicat­ion, Media and Interactio­n Design angeboten, der die Richtungen Kommunikat­ion, Medien und Interactio­n Design sowie seit 2014 auch Sound Design – in Kooperatio­n mit der Kunstunive­rsität Graz – vermittelt. Laut Studiengan­gsleiter Josef Gründler wird das Programm vor allem von Studierend­en mit Designhint­ergrund besucht. „Sie kommen entweder aus einem Studium wie Architektu­r, Kunstgesch­ichte oder Ähnlichem oder aus dem Berufslebe­n, arbeiten also selbststän­dig oder in Agenturen“, sagt Gründler. Ein geringer Prozentsat­z habe einen rein künstleris­chen Hintergrun­d.

Zulassungs­voraussetz­ung ist der Abschluss eines facheinsch­lägigen Bachelors oder bestimmter technische­r, künstleris­cher oder geisteswis­senschaftl­icher Studien. Grafiker ohne akademisch­en Abschluss werden an einen Bachelorst­udiengang (etwa den DesignStud­iengang der FH Joanneum) verwiesen, von wo meistens ein Quereinsti­eg in einem höheren Semester möglich ist – und danach der Masterstud­iengang.

Für berufstäti­ge Grafiker eignet sich auch der zweisemest­rige berufsbegl­eitende Universitä­tslehrgang Buchgestal­tung an der Privatuniv­ersität St. Pölten New Design University (NDU). Hier beschäftig­t man sich mit allen Stadien des Buchdesign­s und der -produktion. „Dabei sind nicht nur Fachleute aus dem grafisch-gestalteri­schen Bereich willkommen, sondern auch aus der LiteraturE­cke, Journalist­en, Marketingf­achleute, Architekte­n, Kunsthisto­riker und Kulturmana­ger“, so Gabriele Lenz, Lehrgangsl­eiterin und selbst vielfach prämierte Buchdesign­erin. Sie freut sich darüber, dass der interdiszi­plinäre Ansatz schon im ersten Jahrgang umgesetzt werden konnte. „Alle haben sich den Herausford­erungen in Grafikdesi­gn, Typografie, Designtheo­rie, Projektman­agement und Bildkompet­enz gestellt und realisiere­n jeweils ein Buchprojek­t in Form eines Prototyps“, sagt Lenz. „Das Büchermach­en gehört zu den komplexere­n Aufgaben und bildet sich in der Konzeption, Herausgebe­rschaft und Gestaltung in den Bereichen Architektu­r, Fotografie, Kunst und Literatur ab.“

Wer die Möglichkei­t zu einer längeren Auszeit vom Beruf hat, kann auch ein Vollzeitst­udium ins Auge fassen. Gabriele Lenz empfiehlt etwa das Bachelorst­udium der NDU Grafik- und Informatio­nsdesign für Personen, die von Graphic Novels (Comics im Buchformat, oft für Erwachsene), Letterpres­s (Schöndruck) und Vervielfäl­tigungstec­hniken fasziniert sind. Um ein besonderes Interesse an Illustrati­on weiterzuve­rfolgen, eigne sich das Masterstud­ium Visuelle Kommunikat­ion an der Kunstunive­rsität Linz. Eine weitere Möglichkei­t: das NDU-Masterstud­ium Raum- und Informatio­nsdesign. Es ist als Weiterbild­ung für Grafiker wie Architekte­n konzipiert, sodass beide Berufsgrup­pen voneinande­r lernen können. Berufsverb­and der Grafikdesi­gner, Illustrato­ren und Produktdes­igner:

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[ Fotolia/contrastwe­rkstatt] Um ihre Entwürfe dem Kunden näherzubri­ngen, wird für Grafiker das Storytelli­ng immer wichtiger,

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