Die simulierte Bankenkrise
Bankenstresstest. Nicht nur italienische Geldinstitute, sondern auch deutsche und französische Großbanken haben Probleme. Der Bankensektor ist noch nicht saniert, bei Rezession droht die nächste Krise.
Wien. Einige europäische Großbanken könnten in einer Rezession mangels ausreichenden Kapitals gefährlich zu schlingern beginnen. In Österreich ist zumindest die Erste Group relativ gut aufgestellt, den heimischen Banken drohen aber überproportionale Risken aus Osteuropa.
Das ist, kurz zusammengefasst, das Ergebnis des mit Spannung erwarteten jüngsten europäischen Bankenstresstests. Die konkreten Ergebnisse werden zwar erst heute, Freitag, nach US-Börsenschluss veröffentlicht, Trends sind aber bereits durchgesickert. Zudem haben die Großbanken Barclays und Credit Suisse sowie die Ratingagentur Standard & Poor’s Modellrechnungen auf Basis der Stresskriterien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA angestellt, die allesamt zu ähnlichen Ergebnissen kommen.
Entwarnung für Österreich
Für Österreich gibt es Entwarnung: Die Erste Group, die ihre harte Eigenkapitalquote in den vergangenen Jahren auf mehr als zwölf Prozent verdoppelt hat, ist beim Stresstest im oberen Mittelfeld der europäischen Konkurrenz gelandet. Die Raiffeisen Zentralbank liegt mit 10,3 Prozent Kapitalquote in der Gruppe der Nachzügler.
Allerdings wird es diese Bank so am Ende des angenommenen Stresszeitraums (2018) gar nicht mehr geben: Zum einen steht im Raiffeisen-Bankensektor demnächst eine umfangreiche Fusion bevor, zum anderen wird das Kapital gerade durch Beteiligungsverkäufe aufgefüllt. Zuletzt etwa durch den Verkauf einer substanziellen Beteiligung am Versicherungskonzern Uniqa.
Die österreichischen Banken sind beim Stresstest freilich deutlich härter hergenommen worden als etwa ihre südeuropäischen Kollegen. Begründet wird das unter anderem mit dem hohen Engagement der heimischen Geldinstitute in Osteuropa und mit der hohen Exposition zu Franken-Krediten speziell in diesem Raum.
Die EBA nimmt in ihrem Stressszenario für Osteuropa einen besonders heftigen Wirtschaftseinbruch an, der – nicht zuletzt wegen des hohen Volumens an Fremdwährungskrediten – zu besonders heftigen Kreditausfällen führt.
In den heimischen Banken stößt das durchaus auf Kritik: Diese Verschärfung sei schon bei den vergangenen Stresstests der Fall gewesen und habe damit zu tun, dass Österreich auf Regierungsebene kein Bankenlobbying betreibe, hieß es zur „Presse“. Andere Länder würden in Sachen Stresskriterien bei EBA und EZB heftig lobbyieren, die österreichische Regierung habe bisher aber keine Ambitionen gezeigt, sich für ihr „Feindbild Banken“einzusetzen.
Als eigentliche „Problembären“entlarvt der Stresstest freilich, was wenig überraschend ist, die italienischen Geldinstitute einschließlich der Bank-Austria-Mutter UniCredit. In Italien, wo die Summe der faulen Kredite mit 360 Milliarden Euro fast ein Drittel der Gesamtsumme der europäischen Non Performing Loans erreicht, steht ja eine umstrittene Bankenrettung an, um deren Details auf europäischer Ebene gerade heftig gerungen wird.
Deutsche Bank als „Problembär“
Probleme könnten bei einer länger anhaltenden Rezession aber auch die französischen Großbanken BNP Paribas, Societ´e´ Gen´erale´ und die Deutsche Bank bekommen, deren Kapitalquoten laut Standard & Poor’s am unteren Ende der europäischen Großbanken liegen. Die Kapitalquoten der drei genannten Banken liegen unter elf Prozent, als ausreichender Kapitalpolster gilt laut S&P eine harte Kernkapitalquote von mehr als zwölf Prozent. Ein Wert, den die meisten getesteten Banken überschritten haben.
Von der Kapitalausstattung her gelten Quoten zwischen zehn und elf Prozent zwar noch nicht als besonders kritisch, die Deutsche Bank hat neben den üblichen Stressszenarien auch noch eine Reihe von Risken aus laufenden Rechtsstreitigkeiten offen. Die US-Tochter der Deutschen Bank war kürzlich beim amerikanischen Bankenstresstest durchgefallen.
Beim EBA-Stresstest wird es diesmal allerdings keine Durchfaller geben, weil die europäischen Bankenaufseher diesmal keine Mindestkapitalquoten, die auch im Stressszenario nicht unterschritten werden dürfen, festgelegt hat. Als Grund dafür wurde angegeben, dass man damit nicht die Märkte beunruhigen wolle.
Der Chef der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA, Andrea Enria, sagte in einem Interview mit der „Financial Times“, der Stresstest zeige, dass die Rekapitalisierung der Banken insgesamt recht gut funktioniert habe. Im Schnitt sei die Kernkapitalquote der 51 getesteten EU-Banken seit 2011 um vier Prozentpunkte auf 12,6 Prozent gestiegen. Die Banken hätten in diesem Zeitraum 260 Milliarden Euro in die Kapitalverbesserung gesteckt.
Die Probleme des europäischen Bankensektors seien damit aber noch nicht beseitigt. Jetzt gelte es, die faulen Kredite aus den Bilanzen herauszubekommen.
EZB-Test bleibt unter Verschluss
Der EBA-Stresstest war im Vorfeld kritisiert worden, weil die angelegten Kriterien weniger streng als zuletzt waren und nur noch 51 große Banken getestet wurden. Beim jüngsten Stresstest waren es noch 123 getestete Banken. Durch Reduzierung der Testgruppe wurden kleinere Problembanken etwa aus Portugal und Griechenland nicht mehr erfasst.
Die Europäische Zentralbank hat parallel zwar einen umfangreicheren Stresstest auch für kleinere Institute (darunter mehrere österreichische) durchgeführt, die Ergebnisse dieses Tests werden aber unter Verschluss gehalten. (ju)