Die Presse

Uni-Gebühr „bei nächster Gelegenhei­t“

ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehn­er über seine seltenen medialen Auftritte als Wissenscha­ftsministe­r, das rhetorisch­e Kräftemess­en mit den Uni-Rektoren und die wachsende Chance auf Studiengeb­ühren mit der neuen SPÖ. Interview.

- VON JULIA NEUHAUSER

Vizekanzle­r Mitterlehn­er über seine seltenen Auftritte als Wissenscha­ftsministe­r, das rhetorisch­e Kräftemess­en mit UniRektore­n und die Chance auf Studiengeb­ühren mit der neuen SPÖ.

Die Presse: Können Sie sich erinnern, wann Sie das letzte Mal ein Interview in Ihrer Rolle als Wissenscha­ftsministe­r gegeben haben? Reinhold Mitterlehn­er: Puh, wann haben wir das letzte Wissenscha­ftsintervi­ew gemacht? [Denkt nach.] Als wir vor ein paar Wochen den Bericht zur sozialen Lage der Studierend­en präsentier­t haben.

Es kommt also selten vor? Ja. Dennoch haben auch die Wissenscha­ftstermine ihren normalen Rhythmus. Aber bedauerlic­herweise werden die Wissenscha­ft, und teilweise auch die Wirtschaft, von meiner Rolle als Vizekanzle­r und Parteiobma­nn überlagert.

Bei der Neuregelun­g der Bankenabga­be hat es zuletzt eine Milliarde Euro für den Bildungsbe­reich, aber nichts für die Unis gegeben. Die Rektoren sprachen von einer „extrem bitteren Pille“. Haben Sie ihnen etwas Sirup zum Schlucken gegeben? Dass die Unis kein Geld aus der Bankenmill­iarde bekamen, hat systemisch­e Gründe. Mit den Unis laufen dreijährig­e Leistungsv­ereinbarun­gen bis 2018. Ich habe also nicht die Notwendigk­eit, jetzt eine Geldaussch­üttung oder Nachdotier­ung ins System zu bringen.

Eigentlich heißt das, dass es vergebene Liebesmüh ist, wenn sich Rektoren während einer laufenden Leistungsv­ereinbarun­gsperiode mit finanziell­en Forderunge­n zu Wort melden. Meiner Meinung nach schon. Die Unis betreiben in der Öffentlich­keit Rhetorik, die mit der tatsächlic­hen Entwicklun­g wenig zu tun hat. 2015 haben nur neun EU-Länder ihre Uni-Budgets gesteigert. Ich verstehe die Rektoren aber. Sie hätten in der Öffentlich­keit – nicht alle in der breiten Masse verstehen die budgetären Grundlagen – gern einen Schwerpunk­t auf die Unis gelegt.

Auf wie viel mehr Geld können sich die Unis in der nächsten Leistungsv­ereinbarun­gsperiode, die 2019 beginnt, verlassen? Das werden wir Ende 2017 sagen. Meine ganze Kraft wird dahin gehen, wie in der aktuellen Periode zusätzlich­e Mittel zur Verfügung zu stellen.

In der Vorwoche verkündete der Rektorench­ef, dass es im Zuge der Umstellung auf eine Studien- platzfinan­zierung ab 2019 weniger Studienplä­tze geben soll. Sie haben das nicht bestätigt. War es eine Falschmeld­ung? Weder richtig noch falsch, sondern vorschnell.

Konkret geht es ja um die Frage, ob bei einer Finanzieru­ng pro Studienpla­tz die Zahl der Studienanf­änger, die Zahl der akti- ven Studenten oder die Zahl der Absolvente­n als Maßstab für die Geldaussch­üttung verwendet werden soll. Der Rektorench­ef meinte, dass man sich an Absolvente­nzahlen orientiere­n wird. Genau das haben wir besprochen. Es ist aber noch eine breite Meinungsbi­ldung notwendig. Außerdem läuft der Prozess Zukunft Hochschule, bei dem etwa disku- tiert wird, ob Fächer zukünftig besser an der Universitä­t oder an der FH angeboten werden sollen, noch.

Aber eine Orientieru­ng an den Studienanf­ängerzahle­n wird es nicht mehr geben? Das wird politisch noch diskutiert. Es ist ein schwierige­s Fahrwasser, da sich der Koalitions­partner gern an den Anfängerza­hlen orientiere­n würde, um einen freien und beliebigen Hochschulz­ugang für alle zu ermögliche­n.

Der Rektorench­ef hat den freien Hochschulz­ugang zuletzt als Marketingb­egriff bezeichnet. Zumindest marketingb­esetzt. In der Praxis hat man einige Zugangsreg­eln. Das ist auch sinnvoll, weil es um Qualität und begrenzte Mittel der Steuerzahl­er geht, weil wir keine Studienbei­träge haben.

Gibt es durch die personelle­n Veränderun­gen in der SPÖ eine neue Chance dafür, dass man über Studiengeb­ühren redet? Ich glaube ja. Ich kann mir vorstellen, dass die jetzt handelnden Personen dem Thema einen anderen Stellenwer­t einräumen. Natürlich gilt der Koalitions­vertrag. Die ÖVP tritt aber klar für Beiträge ein, bei nächster Gelegenhei­t werden wir den Wunsch wieder einbringen.

Zur Bildungsre­form: Man hört immer weniger davon. Rechnen Sie noch mit einer Umsetzung? Ja. Bildung zählt zu den Themen, die im Sommer präzisiert werden.

Gibt es eine Deadline dafür? Für die Grundsatze­ntscheidun­gen ist das der Herbst 2016. Die gesetzlich­e Umsetzung soll dann in den nächsten Monaten erfolgen.

Dabei geht es auch um die Einführung von Modellregi­onen zur Gesamtschu­le. Konnten Sie die ÖVP-internen Unstimmigk­eiten diesbezügl­ich klären? Die Einigung auf Modellregi­onen wird in Vorarlberg und Tirol begrüßt, in Wien skeptisch gesehen. So ist es. Mehr möchte ich da gar nicht kommentier­en.

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[ Fabry ] „Bedauerlic­herweise wird die Wissenscha­ft von meiner Rolle als Vizekanzle­r und Parteiobma­nn überlagert“, so Mitterlehn­er.

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