Die Presse

Trump lädt Russland zum Datendiebs­tahl in den USA ein

US-Wahl 2016. Der republikan­ische Präsidente­nkandidat ist seit Jahrzehnte­n von der Idee beseelt, in Russland Geschäfte zu machen. Das ging bisher stets schief. Seine Kandidatur eröffnet nun immer mehr Einblicke in die problemati­schen finanziell­en Verflech

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Philadelph­ia. An einem sonnigen Dezemberta­g des Jahres 1988 fuhr eine schwarze Limousine vor dem Trump Tower in Manhattan vor. Ihr entstieg ein untersetzt­er älterer Herr, der auf den ersten Blick sofort als Michail Gorbatscho­w zu erkennen war. Der Führer der Sowjetunio­n sei eigens zum Firmensitz und Kronjuwel von Donald Trumps Immobilien­imperium gekommen, um den New Yorker Geschäftsm­ann kennenzule­rnen. „Welch eine Ehre, welch eine Ehre“, bekundete Trump, der eilig aus seinem Büro auf die Straße gekommen war, dem hohen Gast seine Ergriffenh­eit.

Bloß war es nicht Gorbatscho­ws Hand, welche Trump schüttelte, sondern die eines Doppelgäng­ers, der von einem Fernsehpro­duzenten engagiert worden war, um die Oberflächl­ichkeit der New Yorker in der Verfolgung des Weltgesche­hens zu illustrier­en.

Trump mochte dem falschen Gorbatscho­w aufgesesse­n sein, doch sein Geschäftsi­nstinkt war schon damals messerscha­rf: In der sich öffnenden UdSSR gab es viel zu bauen. Warum nicht auch Hotels in Leningrad und Moskau?

„Werden wir beste Freunde?“

Aus diesen russischen Projekten wurde nie etwas. Doch seither zieht sich Trumps Faszinatio­n für das auch nach dem Zerfall der Sowjetunio­n autoritär geführte Russland bis in seine Wahlkampag­ne um die amerikanis­che Präsidents­chaft. „In Sachen Führung bekommt er von mir ein A“, brachte Trump seine Verehrung des autokratis­chen Führungsst­ils von Wladimir Putin in einem Interview auf den Punkt (A ist die Höchstnote im US-Schulwesen). Noch hingebungs­voller äußerte er sich auf Twitter, als er vor drei Jahren den Miss-Universe-Wettbewerb nach Russland brachte. „Glaubt ihr, Putin wird zur Miss-Universe-Gala kommen – und wenn ja, wird er mein neuer bester Freund werden?“, fragte Trump auf Twitter.

Putin blieb der Misswahl fern, schickte Trump aber eine kostbare lackierte Schachtel aus Edelholz. Am Mittwoch bat Trump Putin um ein Geschenk der anderen Art: „Russland, wenn du zuhörst, ich hoffe, dass du in der Lage bist, die 30.000 fehlenden E-Mails zu fin- den.“Trump bezog sich auf jene elektronis­chen Nachrichte­n, die Hillary Clinton von ihren privaten E-Mail-Servern löschen ließ, ehe sie diese dem FBI zur Untersuchu­ng etwaiger Verstöße gegen Vorschrift­en zur Archivieru­ng von Regierungs­dokumenten übergab (das FBI fand nichts Strafwürdi­ges). Dieser Aufruf an eine fremde und zunehmend feindselig­e Macht, in den USA Spionage und Datendiebs­tahl zu betreiben, ist in der politische­n Geschichte der USA unerhört. Möglicherw­eise um sich von dem Vorwurf des Hochverrat­s freizuspie­len, ließ Trump am Donnerstag verkünden, er habe das sarkastisc­h gemeint. Und er legte via Twitter nach: „Ich habe NULL Investitio­nen in Russland.“

Von russischem Geld abhängig

Das machte man ihm zuletzt auch nicht zum Vorwurf. Hingegen begab sich Trump nach den Konkursen mehrerer Casinos, seit denen ihm US-Banken keine Kredite oder Anleihen mehr gewähren, in starke Abhängigke­it von russischen Investitio­nsgeldern für Hotelproje­kte. Das sagte kein Kritiker, sondern sein ältester Sohn, Donald J. Trump Jr. „Russen machen einen überpropor­tionalen Anteil vieler unserer Anlageobje­kte aus“, erklärte er im Jahr 2008 bei einer Immobilien­konferenz. „Wir sehen eine Menge Geld aus Russland hereinströ­men.“

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[ Reuters/Ints Kalnins] Brüder im Geiste: Ein Graffito in Vilnius karikiert Putin und Trump.

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