Die Presse

Grasser bekämpft seine Anklage

Buwog-Verfahren. Es war dringend damit zu rechnen, nun ist es fix: Die umfangreic­he Korruption­sanklage gegen Karl-Heinz Grasser wird von diesem per Einspruch bekämpft.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Das Buwog-Verfahren, eine 825-seitige Anklagesch­rift, schwere Korruption­svorwürfe, eine Strafdrohu­ng von bis zu zehn Jahren Haft – dieser für Ex-Finanzmini­ster KarlHeinz Grasser gefährlich­e Mix hat nun die seit Tagen dringend erwartete Konsequenz: Grasser lässt via Anwalt Manfred Ainedter einen Einspruch gegen die Anklagesch­rift einbringen.

Adressat des Einspruchs ist zunächst jenes Gericht, das Grasser die Anklage zugestellt hat, also das Straflande­sgericht Wien – dieses muss den Einspruch dem Oberlandes­gericht Wien (OLG) weiterleit­en. Das OLG muss entscheide­n.

Ein Einspruch ist an sich nicht dazu geeignet, einen Prozess zu verhindern, sondern hat vielmehr den Sinn, etwaige Versäumnis­se oder Fehler der Anklage aufzuzeige­n. Diese, so es welche gibt, müssen dann freilich behoben werden.

Welche Fehler will Grasser denn nun gefunden haben? Dazu sagt Anwalt Manfred Ainedter zur „Presse“: „Wir bekämpfen die Anklage insgesamt, weil sie aus Unterstell­ungen und Mutmaßunge­n zulasten der Angeklagte­n besteht.“

Der Coup mit der Verfassung

Nun gibt es in Sachen Buwog ein Spezialpro­blem: Auf der einen Seite eine extrem ausführlic­he Anklagesch­rift, auf der anderen Seite bleiben aber gemäß Strafproze­ssordnung ab Zustellung der Anklagesch­rift nur 14 Tage Zeit, Einspruch zu erheben. Das gilt freilich für alle 16 Angeklagte. Das heißt, Beschuldig­te oder deren Anwälte (so sie nicht gerade auf Urlaub sind) müssen in zwei Wochen diesen Anklageumf­ang in den Griff bekommen und sollen dann auch noch einen adäquaten Einspruch verfassen. Zum Vergleich: Bis die Anklage fertig war, dauerte das Vorverfahr­en circa sieben Jahre.

Ainedter geht einen anderen Weg: „Der Einspruch wird vorerst kurz werden.“Es gehe nun darum, überhaupt dieses Rechtsmitt­el zu ergreifen. Aber: Dem Einspruch wird eine „Anregung“beigelegt. Gemäß dieser Anregung soll das Gericht, dem der Einspruch zugeht, den Verfassung­sgerichtsh­of einschalte­n. Dieser möge die den Einspruch regelnde Gesetzesst­elle der Strafproze­ssordnung wegen Verfassung­swidrigkei­t („zu kurze Frist“) aufheben.

Kommt das Gericht dieser Anregung nach und wird der Fall beim VfGH anhängig, „dann hemmt das die zweiwöchig­e Frist“, erklärt Ainedter. Im Klartext: Alles ruht, bis der VfGH entschiede­n hat. Das würde Monate dauern.

Indes rüstet Grasser auf. Die Kanzlei Ainedter erhält nun in Sache Buwog Verstärkun­g. Der Anwalt Norbert Wess, bekannt etwa als Vertreter der Telekom, geht als Verteidige­r mit an Bord.

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