Die Presse

Eltern-Demo für Kindergärt­en

Demonstrat­ion. Heute, Freitag, dürfte sich entscheide­n, ob die 33 Alt-Wien-Kindergärt­en zusperren müssen. Der Verein will die 6,6 Millionen Euro zwar zurückzahl­en – allerdings mit Fördergeld­ern.

- VON KARIN SCHUH UND JULIA NEUHAUSER

Wien. „Rettet Alt Wien“schreit ein kleines Mädchen und fordert einen Buben auf, es ihr gleichzutu­n. Der ist gerade mit einem Plakat mit der Aufschrift „Lasst uns nicht im Regen stehen“beschäftig­t. An die 300 Kinder, Eltern und Pädagoginn­en haben sich gestern, Donnerstag, vor dem Wiener Rathaus eingefunde­n, um gegen die Schließung der 33 AltWien-Kindergärt­en zu demonstrie­ren. „Es ist richtig, dass die Stadt das Geld zurückverl­angt, wenn es missbräuch­lich verwendet wurde. Aber dass sie uns erst vier Tage vor der Schließung informiert, ist unprofessi­onell“, sagt ein Vater. Mit diesem Vorwurf wird auch Stadträtin Sandra Frauenberg­er konfrontie­rt, die sich zur Demonstrat­ion gesellt hat. Sie sieht das Kommunikat­ionsproble­m aber beim Betreiber der privaten Kindergärt­en. Er hätte seine Mitarbeite­r und auch die Eltern rechtzeiti­g informiere­n müssen, sagt sie zur „Presse“.

Heute, Freitag, dürften die Eltern erfahren, ob es für die 33 AltWien-Kindergärt­en eine Zukunft gibt. Denn die Rechtsvert­reter der zuständige­n MA 10 (Wiener Kindergärt­en) und des Trägervere­ins treffen Freitagfrü­h zusammen. Ein Kompromiss und damit die Rettung von knapp 2300 Kindergart­enplätzen ist nicht unwahrsche­inlich – aber auch noch nicht fix.

Auslöser des Ganzen war der von der Stadt Wien am Montag angekündig­te Stopp der finanziell­en Förderung der Alt-Wien-Kindergärt­en. Dem privaten Betreiber wurden „schwerwieg­ende Verstöße“gegen die Vertragspf­lichten vorgeworfe­n. Er soll 6,6 Millionen Euro zu Unrecht bezogen und mit diesem Geld unter anderem einen Kindergart­en um 4,5 Millionen Euro gebaut und ein in Familienbe­sitz befindlich­es Schloss in Bad Aussee sowie eine Reit- bzw. Ballettsch­ule gesponsert haben.

Nach monatelang­en Streiterei­en und der Eskalation zu Wochenbegi­nn zeichneten sich Mittwochab­end erste Annäherung­sversuche zwischen Magistrat und Verein ab. Vereinsver­antwortlic­her Richard Wenzel kündigte an, dass er sich nun doch dazu bereiterkl­äre, einen Vergleich mit der Stadt einzugehen. „Ich denke, dass ich unterschre­iben werde. Ich bin sehr geneigt, meine 300 Mitarbeite­r und 2000 Kinder nicht auf die Straße zu setzen“, sagt er zur „Presse“. Gleichzeit­ig stellte er aber eine Bedingung: Er werde die 6,6 Millionen Euro nicht auf einmal zurückzahl­en.

Alt Wien will Fördergeld­er

Stattdesse­n schlug Wenzel vor, das Geld innerhalb der nächsten fünf bis sechs Jahre aufzubring­en. Allerdings nicht aus eigener Tasche. Vielmehr möchte er weiterhin eine Förderung von 900.000 Euro pro Monat von der Stadt Wien erhalten. Auf die 100.000 Euro Verwaltung­sbeitrag würde er verzichten. In fünfeinhal­b Jahren würde dieser Betrag in Summe 6,6 Millionen Euro ausmachen.

Diesen Vorschlag macht Wenzel der Stadt nicht das erste Mal. Schon vor Monaten hatte die aber seine Idee abgelehnt – und das tat sie auch gestern wieder. „Das wäre so, als würden wir uns die Schulden selbst zurückzahl­en“, sagt Daniela Cochlar, die Leiterin der MA 10. Wenzel würden diese Förderunge­n ja nicht automatisc­h zustehen. Außerdem bringe diese „obskure Variante“keine Sicherheit für die Stadt mit sich. „Dem kann ich also nicht zustimmen“, sagt Cochlar.

Die Stadt Wien unterbreit­ete Wenzel am Donnerstag noch einmal einen neuen Vergleichs­vorschlag. Demnach muss er die 6,6 Millionen Euro nicht mehr auf einmal zurückzahl­en. Die MA 10 gibt ihm für die Rückzahlun­g inklusive Zinsen fünf Jahre Zeit und verlangt eine Bankbesich­erung.

Cochlar geht jedenfalls davon aus, dass Wenzel heute unterschre­ibt. „Ich hoffe, dass er sich seiner Verantwort­ung bewusst ist. Er spielt dieses Spiel mit uns nun schon seit einem halben Jahr.“Ein bisschen dürfte das Spiel noch weitergehe­n, denn auch die Höhe der Rückforder­ung will Wenzel nicht verstehen. Für ihn seien nur die 4,5 Mio. Euro für den Bau des neuen Kindergart­ens nachvollzi­ehbar.

Nicht alle Eltern sind allerdings beunruhigt. „Ich glaube nicht, dass die Stadt 2000 Kinder im Regen stehen lässt“, so eine Mutter. Das dürfte sich wohl auch Wenzel denken.

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[ APA] Rund 300 Menschen gingen für die Weiterführ­ung der Alt-Wien-Kindergärt­en auf die Straße – Stadträtin Sandra Frauenberg­er (r.) stellte sich den Demonstran­ten.

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