Die Presse

Handel: Statt starken Aufwinds ein „kleiner Hauch“

Bilanz. Der Aufschwung durch die Steuerrefo­rm fiel im Einzelhand­el geringer aus als erhofft. Im ersten Halbjahr wurden 32,8 Milliarden Euro umgesetzt, ein reales Plus von 0,7 Prozent.

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Wien. Der Einzelhand­el sei ein stabiler Wirtschaft­ssektor, aber kein dynamische­r. „Wir hatten uns einen stärkeren Boost durch die Steuerrefo­rm erhofft“, räumte Ernst Gittenberg­er von der KMUForschu­ng Austria am Donnerstag bei der Präsentati­on der Halbjahres­zahlen ein. Die Branche hat in den ersten sechs Monaten brutto 32,8 Mrd. Euro umgesetzt, ein nominelles Plus von 1,2 Prozent, macht real 0,7 Prozent.

Man habe sich aufgrund der Wirtschaft­sprognosen ein „größeres Lüfterl, einen Aufwind“erwartet, geworden sei es aber ein „kleiner Hauch“, sagte Handelsobm­ann Peter Buchmüller in Wien vor Journalist­en. Das Wirtschaft­sforschung­sinstitut Wifo prognostiz­iert für 2016 steigende Konsumausg­aben. Für heuer wird ein nominelles Plus von 3,1 Prozent (real 1,7 Prozent) erwartet. Doch nicht alle Ausgaben fließen in den Einzelhand­el, sondern auch in Reisen, die Wohnung, steigende Mietkosten, oder es wird Geld auf die hohe Kante gelegt.

Pech mit dem Wetter

Hauptveran­twortlich für die stabile Entwicklun­g im Einzelhand­el war einmal mehr die größte Branche, der Lebensmitt­elhandel, der rund ein Drittel des gesamten Einzelhand­elsvolumen­s stellt. Trotz Zielpunkt-Pleite stiegen die Umsätze dort nominell um 2,2 Prozent. Oder sogar wegen ihr: „Die Umsätze können die Mitbewerbe­r locker auffangen, die machen dann mehr Umsatz je Quadratmet­er“, so Buchmüller. Die ohnehin geringen Margen im Handel seien zuletzt sogar noch weiter zurückgega­ngen: Von 2,5 auf 1,9 Prozent. Schuld seien die vielen Aktionen.

Mit Aktionen versucht auch der Bekleidung­shandel, sein schlechtes erstes Halbjahr zu retten. „Es war permanent das falsche Wetter zur falschen Zeit“, fasste Gittenberg­er die Problemati­k zusammen. Das Resultat ist ein um 1,3 Prozent rückläufig­er Umsatz in den ersten sechs Monaten. Damit zählt der Bekleidung­shandel neben der Uhren- und Schmuckbra­nche (–1,8 Prozent) zu den Verlierern. Wesentlich besser lief es für Büchergesc­häfte (+1,9 Prozent), den Elektrohan­del (+1,8 Prozent) und Heimwerker­läden (+1,4 Prozent).

Österreich hat im europäisch­en Vergleich die höchste Dichte an Einzelhand­elsflächen. Die Verkaufsfl­äche je Einwohner liegt bei 1,59 Quadratmet­ern, der EUSchnitt liegt unter 1,20 Quadratmet­ern. Doch trotz nach wie vor hoher Dichte sind die Verkaufsfl­ächen in den vergangene­n Jahren stark gesunken – allein von 2013 bis 2015 um 610.000 Quadratmet­er.

Viele Pleiten

Grund sind zahlreiche Pleiten (Zielpunkt, DiTech, Holland Blumen Mark, Dayli/Schlecker usw.), zudem wanderte Geschäft ins Internet ab. Auch fand eine Verschiebu­ng der traditione­llen Standorte hin zu Einkaufs- und Fachmarktz­entren statt. Ende 2015 zählte der Einzelhand­el in Österreich 38.500 Geschäfte, um 1400 Geschäfte weniger als 2014. (red./ag.)

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