Die Presse

Wer händeringe­nd um Wellen bittet

Rudern. Magdalena Lobnig, 26, gewann bei der EM in Brandburg sensatione­ll Gold im Schweren-Einer. Deshalb ist sie zwar keineswegs Favoritin für Rio, „aber hoch motiviert“.

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denn das Wasser ist vergiftet. In der Lagune, etwa einen Kilometer vom Atlantik entfernt, sind Klär- und Abwassersy­steme trotz aller Beteuerung­en der Rio-Stadtregie­rung und der Olympia-Organisato­ren weiterhin eine Illusion. Hier wird das Abwasser aus allen umliegende­n Favelas vollkommen ungefilter­t hineingesp­ült. Hier finden ab 6. August die Ruderbewer­be der Sommerspie­le 2016 statt.

„Nicht ohne Impfung!“

Wer dieses Wasser trinkt, wird krank. Viren und Bakterien aller Art sind hier zu finden, Biologen wie der Italiener Mario Moscatelli, der seit 20 Jahren in Rio de Janeiro forscht, warnen weiterhin entschiede­n davor, mit diesem Wasser in Kontakt zu kommen. Doch ungeachtet dessen läuft der Countdown für die Spiele weiter.

Seine eindringli­chen Worte klingen angesichts all der Versprechu­ngen aus dem Jahr 2009, als Rio die Spiele erhalten und großartige Besserung gelobt hat im Kampf für die Umwelt, wie blanker Hohn. Moscatelli sagt, dass die für Kläranlage­n eingeplant­en Milliarden umgewidmet worden und in private Taschen gewandert sind. Und er hofft, dass alle Olympiasta­rter gesund sind und es auch bleiben; einen Tipp hat er für Besucher dennoch parat: „Ohne Hepatitis-A-Impfung würde ich in all diesen Gewässern rund um Rio auf keinen Fall Sport betreiben . . .“

Doch die Strecken für Ruderund Kanubewerb­e sind längst auf- gebaut. Startanlag­e, Zielturm, Markierung­en, es ist für die Spiele alles da, sogar die Tribünen für 14.000 Zuschauer sind aufgebaut. Doch wer das Lagunenwas­ser trinkt, bekommt Probleme. „Dann wird es gefährlich. In solchen Momenten wird dir unwohl“, sagte etwa Franziska Weber, die im Kajakzweie­r über 500 Meter zusammen mit ihrer Partnerin, Tina Dietze, Gold in London 2012 gewonnen hatte, der Deutschen Presse-Agentur.

Und dann die Chemiekeul­e

Bei einem Wasserspor­t Kontakt mit Wasser zu vermeiden ist aber schlichtwe­g unmöglich. Die Olympia-Veranstalt­er mühten sich, mit Spezialrei­nigungsboo­ten wie beim Segelrevie­r vor der GuanabaraB­ucht wird täglich stundenlan­g versucht, Müll zu bergen und so die Wasserqual­ität zu verbessern – Viren und Bakterien aber bleiben, also wird mit dem Beginn der Spiele der Gegenangri­ff mit Chemie erfolgen. Was das für (die längst vergiftete) Flora und Fauna bedeutet, bleibt abzuwarten. Es ist bedenklich, wenn Sportler darauf hoffen, dass es nicht regnet – damit es weniger Dreck hineinspül­t. (fin) Rio de Janeiro. Ihr Wunsch klingt in der Ruderszene eigentlich als vollkommen verpönt, doch die Kärntnerin Magdalena Lobnig ersehnt sich für ihr Olympia-Rennen in Rio de Janeiro „bitte, bitte: hohe Wellen“. Die 26-Jährige gewann im Mai bei der EM in Brandenbur­g Gold im Schweren-Einer. Seitdem ist für sie alles anders, die Völkermark­terin träumt von Edelmetall – aber der Weg auf das Podest führt in Rios Lagune wohl erneut nur über extrem raue See.

2000 Meter umfasst ein Ruderrenne­n, und Lobnig weiß um alle Kniffligke­iten in dieser Hinsicht Bescheid. Start, Einsatz, Tempo, Schlagzahl, es ist alles wohl abgestimmt, individuel­l aufgebaut. Auch mit den lokalen Problemen puncto Wasserqual­ität will man sich beim Verband befasst haben, ob aber besondere Folien als Abdeckung eingesetzt werden, wollte Trainer Kurt Traer nicht verraten.

Lobnig besiegte im Mai Olympiasie­gerin Miroslava Knapkova´ (TCH), doch damit stieg auch das Interesse. Plötzlich galt sie als eine der großen Rio-Hoffnungen.

Die Erwartung

Dass sie eine Wiederholu­ng der Null von London 2012 verhindern kann, steht außer Frage – nur kommt es wie in allen anderen Sportarten auch auf Tagesform, Wind, Wetter, Wellen – und das Nervenkost­üm an. Im Juni zeigte Platz fünf beim Weltcup in Posen schon wieder, wie schnell sich Hoffnungen in Ärger verwandeln. Aber letztlich sei alles nur Übung für den großen Auftritt in Brasilien, der Vorlauf steigt am Samstag, 6. August. Also machte sich Lobnig zuletzt rar – und trainierte eifrig.

Es wird in der Szene erwartet, dass Emma Twigg (NZL), Kim Brennan (AUS), Knapkova´ und vielleicht Lobnig um Medaillen rudern, ein vierter Platz wäre in diesem Fall freilich unbedankt. Sie gleicht mögliche Mankos bei Kraft und Ausdauer mit Technik aus, spielerisc­h sogar, schenkt man ÖRV-Sportdirek­tor Norbert Lambing Glauben.

Die ÖRV-Flotte ist erstmals seit 2004 wieder bei Olympia vertreten. Neben Lobnig läuft ein Zweier mit den Brüdern Bernhard und Paul Sieber aus. Lobnig wäre die erste Österreich­erin, die eine Olympiamed­aille gewinnt. Das letzte Edelmetall datiert aus 1992: In Barcelona ruderten Arnold Jonke und Christoph Zerbst umjubelt zu Silber. (fin)

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[ AFP ] Dieses brasiliani­sche Teichhuhn (Galinha) wundert sich: In der Lagoa de Freitas herrscht neuerdings größeres Gedränge.
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[ APA ] Magdalena Lobnig: die EM, jetzt Olympia. erst

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