Die Presse

Datenschut­z-Regeln mit den USA: Nur temporäre Notlösung

Wird der EuGH auch die neue Privacy-Shield-Vereinbaru­ng aufheben?

- VON DAVID CHRISTIAN BAUER UND STEFAN PANIC Dr. David Christian Bauer ist Country Managing Partner, Stefan Panic ist Associate bei DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwä­lte in Wien.

Dass die EU im Verhältnis zu den USA immer wieder die Rolle des Juniorpart­ners einnimmt, zeigt sich jüngst am Beispiel des Datenschut­zes: Die Weitergabe von personenbe­zogenen Daten von EU-Bürgern an US-Unternehme­n wurde im Zuge von Enthüllung­en über die Methoden der US-Sicherheit­sbehörden und den Stellenwer­t des Datenschut­zes in der dortigen Rechtsordn­ung zunehmend zum heißen Thema.

Nach wie vor aber blieben die USA aus Sicht des europäisch­en Datenschut­zes ein „sicherer Drittstaat“mit einem ausreichen­den Datenschut­zrecht, sofern sich ein US-Unternehme­n den Safe-Harbor-Regeln des US-Handelsmin­isteriums unterworfe­n hatte. Diese Position gründete sich auf eine sogenannte Angemessen­heitsentsc­heidung der EU-Kommission, den „sicheren Hafen“.

Eine Wende erfuhr die Situation im Herbst 2015, als der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) den Safe Harbor aufhob – begründet mit einer scharfen Kritik an der Massenüber­wachung durch die US-Sicherheit­sbehörden und den mangelhaft­en Rechtsschu­tz. So wurden die USA über Nacht in Bezug auf Datenweite­rgaben auch an zuvor dem Safe Harbor unterliege­nde US-Unternehme­n ein unsicherer Drittstaat und unterlagen den strengsten Regelungen des Datenschut­zrechts.

Die neue Regelung

In Österreich war damit jede Datenweite­rgabe nur mit einer Genehmigun­g der Datenschut­zbehörde (DSB) zulässig, was insbesonde­re bei Unternehme­n mit starkem US-Bezug zu erhebliche­n praktische­n Schwierigk­eiten beim Datenausta­usch führte.

Nun hat die EU-Kommission nach intensiven Verhandlun­gen mit den US-Behörden den EU/USPrivacy-Shield beschlosse­n, der am 12. Juli in Kraft getreten ist. Trotz des neuen Namens, einiger unterschie­dlicher Konzepte und erwei- terter Pflichten im Detail, um der Kritik des EuGH Rechnung zu tragen, ist die neue Regelung im Kern dem Safe Harbor vergleichb­ar.

Heikle Massenüber­wachung

Es handelt sich wieder um eine Angemessen­heitsentsc­heidung der Kommission. US-Unternehme­n können sich freiwillig gewissen Auflagen unterwerfe­n und sich so in die Privacy-Shield-Liste eintragen lassen; Datenweite­rgabe an diese Unternehme­n gilt als Weitergabe in einen sicheren Drittstaat.

Allerdings ist der neue Rechtsrahm­en weniger schutzwahr­end, als dies präsentier­t wird. Aus dem „robusten Rechtsschu­tz“für EUBürger etwa ist ein im US-Außenamt angesiedel­ter „Ombudsman“geworden, der allfällig Bürgerbesc­hwerden weiterverf­olgen würde.

Zur Massenüber­wachung wurden „Zusicherun­gen“vereinbart, echte Rechtsfolg­en sind aber nicht zu finden. Vielmehr wird sogar anerkannt, dass es durchaus zu weiteren Fällen der Massenüber­wachung kommen kann, falls dies aus „Gründen der nationalen Sicherheit“notwendig ist. Von einer echten Anpassung an europäisch­e Datenschut­zstandards kann also keine Rede sein.

Insgesamt hinterläss­t die Entscheidu­ng den Eindruck einer temporären Notlösung. Denkbar ist, dass auch diese Entscheidu­ng vom EuGH aufgehoben wird. Derzeit können also – für betroffene Unternehme­n durchaus erfreulich – Datenweite­rgaben an US-Firmen auf die Entscheidu­ng gestützt werden; in Österreich ist derzeit keine Genehmigun­g der DSB mehr notwendig – für wie lang ist aber ungewiss. Es bleibt abzuwarten, ob sich wieder jemand findet, um auch den Privacy Shield vor den EuGH zu bringen – und ob der EuGH, wie von einigen erwartet, auch diese Entscheidu­ng aufheben wird.

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