Die Presse

Uni-Gebühr für Kern kein Tabu

Unis. SPÖ-Chef Christian Kern lehnt ein Gespräch über Studiengeb­ühren nicht kategorisc­h ab. Er sei kein Befürworte­r, es gebe aber auch „kein Njet“.

- VON JULIA NEUHAUSER

SPÖ-Chef Christian Kern lehnt ein Gespräch über Studiengeb­ühren nicht kategorisc­h ab. Er sei aber kein Befürworte­r.

Wien/Innsbruck. Wissenscha­ftsministe­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) hat es im „Presse“-Interview in der Freitagsau­sgabe schon geahnt: Mit Christian Kern an der Spitze der SPÖ lässt es sich leichter über die Wiedereinf­ührung von Studiengeb­ühren sprechen als mit dessen Vorgänger, Ex-Kanzler Werner Faymann. Das hat sich nun bestätigt: Kern lehnt ein Gespräch über Studiengeb­ühren nicht kategorisc­h ab. Von ihm gebe es „kein Njet“.

Kern spricht sich aber auch nicht für Studiengeb­ühren aus. Es gebe keine sozialdemo­kratische Unterstütz­ung dafür: Der Umstand, dass es keine Studiengeb­ühren gibt, sei gut. „Ich bin aber auch der Meinung, dass man keine Tabus haben sollte und Dinge diskutiere­n muss“, sagt Kern zur Austria Presse Agen- tur am Rand seines Besuchs in Tirol. Er verstehe, dass die Parteien unterschie­dliche Prioritäte­n haben: „Der Vizekanzle­r ist bei der Wertschöpf­ungsabgabe der Meinung, er brauche sie nicht. Ich bin der Meinung, wir brauchen sie schon“, sagt Kern. Als ein Abtauschan­gebot zwischen Wertschöpf­ungsabgabe und Studiengeb­ühren wollte er diese Aussage nicht verstanden wissen.

Schon lang umstritten

Vizekanzle­r Mitterlehn­er hatte tags zuvor gesagt, dass er zwar am Koalitions­vertrag festhalte, aber klar für die Wiedereinf­ührung der Gebühren eintrete. „Bei nächster Gelegenhei­t werden wir den Wunsch wieder einbringen“, sagte Mitterlehn­er und betonte, dass die Chancen unter der neuen SPÖ-Führung größer seien. „Ich kann mir vorstellen, dass die jetzt handelnden Per- sonen dem Thema einen anderen Stellenwer­t einräumen“, sagte Mitterlehn­er und meinte damit nicht nur SPÖ-Parteichef Kern, sondern auch die neue Bildungsmi­nisterin, Sonja Hammerschm­id (SPÖ). Diese trat in ihrer Zeit als Rektorin der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t für Studiengeb­ühren ein.

Bundeskanz­ler Kern äußerte sich gestern jedenfalls durchaus differenzi­ert zu den Studiengeb­ühren: „Ich bin ein Produkt der Kreisky’schen Bildungspo­litik“, betonte der SPÖ-Chef. Dass es damals keine Studiengeb­ühren gegeben habe, habe einen großen Beitrag geleistet. Gleichzeit­ig räumte Kern ein, dass der Uni-Betrieb vor großen Herausford­erungen stehe. Diese müsse man sich konkret anschauen, evaluieren und Lösungen diskutiere­n.

Das Thema Studiengeb­ühren ist an Österreich­s Unis schon lang ein schwierige­s – vor allem in der SPÖ. In den vergangene­n fast 20 Jahren gab es die unterschie­dlichsten Regelungen. Ab Herbst 2001 wurden Gebühren durch den Beschluss von ÖVP und FPÖ eingehoben. Zum Auftakt des Nationalra­tswahlkamp­fs 2006 versprach der damalige SPÖ-Chef, Alfred Gusenbauer, die Abschaffun­g der Gebühren – falls er Kanzler wird. Das wurde er. Doch die Gebühren blieben.

Es folgten große parteiinte­rne Proteste. Im September 2008 wurden die Studiengeb­ühren dann mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen doch de facto abgeschaff­t. Zahlen müssen seither Studenten, die mehr als zwei Semester über der Mindeststu­dienzeit liegen. Sie müssen 363,36 Euro pro Semester berappen. Nicht-EU-Bürger müssen generell zahlen – und zwar 726,72 Euro pro Semester. Die Dis- kussionen gingen weiter – auch bedingt durch Entscheidu­ngen des Verfassung­sgerichtsh­ofs und eine zwischenze­itliche autonome Einhebung der Gebühren durch die Unis selbst. Rund drei Jahre lang war es nun aber ungewöhnli­ch ruhig.

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