Die Presse

Salzburg abseits der Klischees: Fräulein Floras coole Entdeckung­en

Festspiele. Eva Krallinger-Gruber und Matthias Gruber zeigen mit ihrem Online-Stadtmagaz­in, dass Salzburg anders als sein Image sein kann.

- VON CLAUDIA LAGLER

Auf den Straßen trifft man an Wochentage­n auch nach 22 Uhr noch Menschen, der Anteil der Goldsakkot­räger in der Getreidega­sse steigt um 100 Prozent, in der Innenstadt verschwind­en die Baustellen, und in der Altstadt brennt plötzlich in Wohnungen Licht, die sonst das ganze Jahr über verwaist sind: Anzeichen dafür, dass in Salzburg die Festspiels­aison begonnen hat.

Insgesamt 18 solcher wundersame­n Veränderun­gen hat Matthias Gruber entdeckt und in einer der beliebten Listen zusammenge­fasst. Gemeinsam mit seiner Frau Eva Krallinger-Gruber steht der 32-jährige gebürtige Salzburger hinter dem Blog Fräulein Floras Favourite Hangouts. Die beiden erzählen in ihrem Online-Stadtmagaz­in Geschichte­n über ein Salzburg abseits von Mozart, „Sound of Music“und Reiseführe­rklischees.

Entstanden ist der Blog, als das Paar und deren Freundin Sandra Bernhofer nach längerer Zeit im Ausland nach Salzburg zurückkame­n. Die drei waren auf der Suche nach Orten, wo junge Menschen die Stadt abseits der Mozartkuge­l-Klischees erleben können. „Wir wollten einfach wissen, wo man um wenig Geld gut essen, trinken und ausgehen kann“, erzählt Eva Krallinger-Gruber.

Weil es dafür keine Plattform gab, nützten sie die Lücke. Sie starteten mit Lokal- und Veranstalt­ungstipps auf einem Stadtplan – ganz konvention­ell auf Papier. Aber sobald das Ding gedruckt war, war es auch schon wieder nicht mehr aktuell. Deshalb gingen sie mit Fräulein Flora online.

Spaziergän­ge und Graffitikü­nstler

Der Blog hat sich von einem reinen Veranstalt­ungskalend­er längst zu einem Stadtmagaz­in für junge Leute entwickelt. Ein beliebtes Format: Spaziergän­ge mit Menschen, die interessan­te Geschichte­n zu erzählen haben. Eine in London lebende Salzburger­in, die sich auf Secondhand­mode spezialisi­ert hat, zeigt dabei ihr Salzburg, ebenso wie Graffitikü­nstler.

„Mich interessie­rt die alleinerzi­ehende Billa-Kassiereri­n mehr als der Bürgermeis­ter“, sagt Krallinger-Gruber. Salzburg sei viel besser als sein Ruf, ist die 29-Jährige überzeugt. „Man kann auch mit ganz wenig Geld und ohne Auto extrem viel erleben“, weiß sie aus Erfahrung. „Die Ansicht, dass Salzburg klein und provinziel­l ist, teile ich schon lange nicht mehr.“Zu Evas Favoriten gehören Plätze, um Sonnenunte­rgänge zu genießen: egal, ob auf den Stadtberge­n, von einem Bankerl an der Glan beim Flughafen oder auf der Aussichtsp­lattform am Ende der Citywall – einem Kletterste­ig mitten in der Stadt auf dem Kapuzinerb­erg.

Wenn die Sonne am Horizont versinkt, sei das ganz großes Kino. Derzeit sei auch das Kurzurlaub­e-Erfinden sehr hoch im Kurs. Rund um die Priesterha­usgasse auf der rechten Seite der Altstadt fühlt man sich angesichts der hohen Dichte an Lokalen und Schanigärt­en beinahe wie in Italien. Das Gasthaus Eigenherr im Süden der Stadt eigne sich für einen imaginären Kroatien-Abstecher. Abenteuerl­ustige erhalten auf Fräulein Flora derzeit Tipps, wo es sich in Salzburg toll unter freiem Himmel schlafen lässt.

Schlauchbo­otfahren auf dem Almkanal gehört für Eva Krallinger-Gruber zu den schönsten Dingen, über die sie bisher geschriebe­n hat.

Bis zu 1500 Leser pro Tag

Seit Kurzem bietet Fräulein Flora einen Onlineshop mit spannenden Produkten von Salzburger Jungdesign­ern – Schmuck, Taschen, Papierware­n – sowie eine Jobbörse. Bis zu 1500 Leser verfolgen das Stadtmagaz­in pro Tag, der Großteil kommt aus der Stadt Salzburg und der Umgebung.

Was ist in der jungen, urbanen Szene gerade der angesagtes­te Stadtteil in Salzburg? „Das wird sich zwischen Lehen und Itzling entscheide­n“, glaubt die Bloggerin. In beiden Stadtteile­n entstünden viele Lokale, es gebe Platz für kreative Menschen, und sie seien nicht so teuer wie die Altstadt oder Aigen.

Und wie bekommen die beiden Blogger die Festspiele mit? „Wir kaufen uns manchmal ein Dosenbier und gehen in den Festspielb­ezirk Reiche schauen.“

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[ wildbild.at] Matthias Gruber und Eva Krallinger-Gruber wollen das coole Salzburg präsentier­en.

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