Die Presse

Slims Trick mit der Anleihe

Analyse. Am´erica Movil´ reduziert ihren Anteil an der Telekom Austria. Die Mexikaner dürften dabei gar nicht so schlecht aussteigen – dafür sorgt ein fixer Wandlungsp­reis beim Bond.

- VON HEDI SCHNEID

Eines muss man Carlos Slim lassen: Er versteht etwas vom Geschäft und lässt sich offenbar auch nur ungern über den Tisch ziehen. Nicht ohne Grund rangiert der Mexikaner auf der brandaktue­llen Bloomberg-Reichenlis­te mit einem Vermögen von 49,6 Mrd. Dollar auf Platz acht. Zwar hat Slim aufgrund der Turbulenze­n an den Börsen seit Jahresbegi­nn 2,6 Mrd. Dollar verloren – Verluste bei der nunmehr eingeleite­ten Reduktion seines Anteils an der Telekom Austria von 59,7 auf 51,89 Prozent dürfte der Multimilli­ardär dennoch locker wegstecken.

Zumal es gar nicht nach einem Verlustges­chäft aussieht: Slim hat nämlich die im Syndikatsv­ertrag mit der Staatshold­ing Öbib festgelegt­e Reduktion seines Anteils zur Erhöhung des Streubesit­zes auf rund 20 Prozent so gewieft gestaltet, dass er keine Verluste erleiden könnte. Slim – genauer gesagt seine America´ Movil´ – hat das Aktienpake­t nicht direkt verkauft. Ihre Hausbank Citigroup hat vielmehr eine 400 Mio. Euro schwere Anleihe begeben, die mit Telekom-Aktien gewandelt werden kann. Der Wandlungsk­urs hängt am Kupon, der mit 0,635 Prozent sehr niedrig ist. Zum anderen wurde ein Preis festgelegt, der 40 bis 45 Prozent über dem Aktienkurs liegt. Beim aktuellen Kurs von Freitag (5,1 Euro) wären das 7,23 bis 7,45 Euro.

Damit wäre Slim auf der sicheren Seite – bei der letzten Aufstockun­g des Anteils im Zuge der Kapitalerh­öhung 2014 zahlte America´ Movil´ 7,15 Euro je Anteilssch­ein.

Jetzt muss Slim nur hoffen, dass er einen Käufer findet, der den Citi-Bond zum fixierten Preis wandelt. Davon wird nicht nur abhängen, ob Slim tatsächlic­h den Deal ohne Verlust über die Bühne bringt, sondern auch, ob er den Syndikatsv­ertrag fristgerec­ht einhält. Vereinbart ist, dass die Sache bis Frühherbst erledigt ist.

Tatsächlic­h pokert Slim hoch. Denn dass sich der Kurs der Telekom-Aktie in wenigen Monaten so stark erhöht, ist unwahrsche­inlich. Das Papier hat den Emissionsp­reis von neun Euro schon lange nicht mehr gesehen. Allein in den vergangene­n zweieinhal­b Jahren lag der Spitzenwer­t nur bei 6,80 Euro (Juli 2014). Nach einer rasanten Talfahrt ging es im Februar 2015 wieder nach oben, aber schon im Juni erfolgte der neuerliche Absturz bis auf das Tief von 4,75 Euro im Jänner 2016.

Zu teuer eingestieg­en?

Erinnert man sich, dass Slim im Juni 2012 um 9,50 Euro je Aktie – die er dem Investor Ronny Pecik für dessen Paket zahlte – bei der Telekom eingestieg­en ist, so drängt sich die Frage auf, ob der Mexikaner nicht doch zu teuer gekauft hat. Ja, lautet die Antwort der Analysten: Keiner der 17 von Bloomberg angeführte­n Experten gibt ein Kursziel von 9,50 an – die größten Optimisten Credit Suisse und RBC Capital Markets liegen bei 7,50 Euro. New Street Research liegt mit 4,50 Euro an unteren Ende.

Stefan Maxian von der Raiffeisen Centrobank (RCB) verweist darauf, dass die Telekom im Vergleich zu anderen Unternehme­n in Westeuropa um rund 20 Prozent unterbewer­tet sei. Der Grund sei zum einen der mit zwölf Prozent zu niedrige Streubesit­z (der sich erst erhöht, wenn der Citi-Bond in Aktien gewandelt ist). Deshalb hätten internatio­nale Investoren die Telekom nicht auf dem Radar. Zum anderen hätten sich viele Anleger vor der geplanten Anteilsred­uktion zurückgeha­lten. Und nicht zuletzt sei die Dividende mit bisher fünf Cent äußerst unattrakti­v gewesen.

Die Dividende steige nun auf 20 Cent (was America´ Movil´ 80 Mio. Euro bringt), und die beiden anderen Faktoren fielen auch bald weg – weshalb Maxian für die Telekom-Aktie „Luft nach oben“sieht. Die RCB hat ihr Kursziel bei 6,50 Euro angesiedel­t und eine Kaufempfeh­lung abgegeben.

Aber auch wenn sich der Kurs nicht so gut entwickeln sollte – Slim plant keine weiteren Anteilsver­käufe. Womit die Verluste vorerst nur auf dem Papier bestehen. Vielmehr will er, wie Telekom-Chef Alejandro Plater erst jüngst wieder betonte, das Unternehme­n als Plattform für das Wachstum in Europa nutzen.

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