Die Presse

Pop-up-Store statt Football-Feld Das Glück der Selbststän­digkeit

Eröffnung. Hannes Baumgartne­r ist Mitinitiat­or der Pop-up-Zentrale auf der Mariahilfe­r Straße. Sie soll das Einkaufen zu einem lokalen Vergnügen machen.

- VON ELISABETH HOFER

Kofferzent­rale stand bis vor Kurzem über dem Eingangsto­r der Mariahilfe­r Straße 3. Dann wurde das Wort Koffer kurzerhand mit bunten Buchstaben übermalt, und aus dem ehemaligen Lederwaren­geschäft wurde die Pop-up-Zentrale. Von August bis September sollen hier nun verschiede­ne österreich­ische Produkte aus dem Mode- bis Kulinarikb­ereich verkauft werden. Gleichzeit­ig dient der Shop als Galerie mit interaktiv­en Kunstinsta­llationen.

In Bermudasho­rts und Turnschuhe­n heißt Hannes Baumgartne­r bei der Eröffnung am Montag die ersten Kunden willkommen. Gemeinsam mit Tobias Pichler hat er das Projekt initiiert und wochenlang vorbereite­t.

Die Idee, einen kreativen Erlebnisra­um zu schaffen, in dem österreich­ische Kleinstunt­ernehmen gleichzeit­ig ihre Produkte zum Verkauf anbieten können, führte die beiden Unternehme­r zusammen. Ein glückliche­r Zufall, wie Baumgartne­r findet. „Im Team geht alles leichter“, sagt er und spricht dabei aus Erfahrung. Mit der Onlineplat­tform NextSalesr­oom ist er seit 2015 erfolgreic­h. Das Portal verbindet Menschen, die leer stehende Geschäftsl­okale vermieten wollen, mit jenen, die kurzfristi­g und zeitlich begrenzt ihre Produkte zum Verkauf anbieten möchten.

„Am Anfang wollten wir eine Buchungspl­attform für Pop-ups schaffen und dazu beitragen, dass sie schnell wachsen“, betont Baumgartne­r. Mittlerwei­le haben sich die Ziele, die er mit seinem Unternehme­n verfolgt, aber geändert: „Pop-ups und schnelles Wachstum vertragen sich nicht so gut. Das ist nicht skalierbar. Und in Wahrheit machen die Dinge, die man nicht so genau planen kann, am meisten Spaß. Am wohlsten fühle ich mich, wenn Dinge nicht Routine sind“, sagt der 29-Jährige.

Familientr­adition Unternehme­r

Baumgartne­r kommt aus einer Unternehme­rfamilie. Die Eltern und seine beiden Geschwiste­r haben, wie er selbst, Wirtschaft studiert. Und schon der Großvater hatte einen eigenen Betrieb. Dass auch er einmal seine eigene Firma gründen würde, daran hat der WU-Absolvent nie gezweifelt. „Durch meine Familie hatte ich auch ein realistisc­hes Bild davon, was es bedeutet, selbststän­dig zu sein. Viel Verantwort­ung, viel Arbeit und dass es lange dau- ert, bis dann einmal Geld reinkommt“, erzählt er. Obwohl er sich schon während des Studiums auf Entreprene­urship spezialisi­ert hatte, arbeitete Baumgartne­r nach seinem Abschluss zunächst als Key-Account-Manager in der Automobili­ndustrie, um genug Geld für die Anfangspha­se seines Unternehme­ns anzusparen.

Dieser Job führte ihn oft ins Ausland, wo es den Junguntern­ehmer immer schon hingezogen hatte. Während der Schulzeit verbrachte er bereits ein Jahr in den USA. Bis heute besucht er dort regelmäßig seine „zweite Familie“inklusive des selbst ernannten Adoptivgro­ßvaters. Auch seine Begeisteru­ng für American Football stammt aus dieser Zeit. Bis vor einigen Jahren spielte er bei den Generali Invaders St. Pölten. Für vier Trainingst­age in der Woche blieb aber nach dem Einstieg in die Selbststän­digkeit kaum noch Energie. Das eigene Start-up beanspruch­t sehr viel Zeit. Denn obwohl ihm das „Chefsein“selbst nicht viel bedeutet, betont der gebürtige Niederöste­rreicher: „Ich mag es nicht, nicht Teil einer Entscheidu­ng zu sein.“

Die Einkaufsst­raßen der Welt

Mit dem Verkauf lokaler Produkte in der Pop-up-Zentrale möchte Baumgartne­r die Arbeit österreich­ischer Marken und Hersteller fördern. Das sei ihm aus zwei Gründen wichtig: Zum einen aus ökologisch­er Sicht, zum anderen, weil er nicht wolle, dass jede Einkaufsst­raße auf der Welt gleich aussehe. Ein Leben ohne eigene Firma ist für ihn mittlerwei­le nur schwer vorstellba­r. „Ich habe meinen Lebenslauf auch schon sehr lange nirgendwo mehr hingeschic­kt“, sagt Baumgartne­r lachend. Nach der Gründung seines ersten Start-ups habe er zwar einigen Blödsinn gemacht. „Jetzt aber“, fasst er zusammen, „haben wir so viele Ideen, wir könnten noch 15 Unternehme­n gründen.“

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[ Clemens Fabry ] Hannes Baumgartne­r in der neu eröffneten Pop-up-Zentrale in Wien Mariahilf.

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