Pop-up-Store statt Football-Feld Das Glück der Selbstständigkeit
Eröffnung. Hannes Baumgartner ist Mitinitiator der Pop-up-Zentrale auf der Mariahilfer Straße. Sie soll das Einkaufen zu einem lokalen Vergnügen machen.
Kofferzentrale stand bis vor Kurzem über dem Eingangstor der Mariahilfer Straße 3. Dann wurde das Wort Koffer kurzerhand mit bunten Buchstaben übermalt, und aus dem ehemaligen Lederwarengeschäft wurde die Pop-up-Zentrale. Von August bis September sollen hier nun verschiedene österreichische Produkte aus dem Mode- bis Kulinarikbereich verkauft werden. Gleichzeitig dient der Shop als Galerie mit interaktiven Kunstinstallationen.
In Bermudashorts und Turnschuhen heißt Hannes Baumgartner bei der Eröffnung am Montag die ersten Kunden willkommen. Gemeinsam mit Tobias Pichler hat er das Projekt initiiert und wochenlang vorbereitet.
Die Idee, einen kreativen Erlebnisraum zu schaffen, in dem österreichische Kleinstunternehmen gleichzeitig ihre Produkte zum Verkauf anbieten können, führte die beiden Unternehmer zusammen. Ein glücklicher Zufall, wie Baumgartner findet. „Im Team geht alles leichter“, sagt er und spricht dabei aus Erfahrung. Mit der Onlineplattform NextSalesroom ist er seit 2015 erfolgreich. Das Portal verbindet Menschen, die leer stehende Geschäftslokale vermieten wollen, mit jenen, die kurzfristig und zeitlich begrenzt ihre Produkte zum Verkauf anbieten möchten.
„Am Anfang wollten wir eine Buchungsplattform für Pop-ups schaffen und dazu beitragen, dass sie schnell wachsen“, betont Baumgartner. Mittlerweile haben sich die Ziele, die er mit seinem Unternehmen verfolgt, aber geändert: „Pop-ups und schnelles Wachstum vertragen sich nicht so gut. Das ist nicht skalierbar. Und in Wahrheit machen die Dinge, die man nicht so genau planen kann, am meisten Spaß. Am wohlsten fühle ich mich, wenn Dinge nicht Routine sind“, sagt der 29-Jährige.
Familientradition Unternehmer
Baumgartner kommt aus einer Unternehmerfamilie. Die Eltern und seine beiden Geschwister haben, wie er selbst, Wirtschaft studiert. Und schon der Großvater hatte einen eigenen Betrieb. Dass auch er einmal seine eigene Firma gründen würde, daran hat der WU-Absolvent nie gezweifelt. „Durch meine Familie hatte ich auch ein realistisches Bild davon, was es bedeutet, selbstständig zu sein. Viel Verantwortung, viel Arbeit und dass es lange dau- ert, bis dann einmal Geld reinkommt“, erzählt er. Obwohl er sich schon während des Studiums auf Entrepreneurship spezialisiert hatte, arbeitete Baumgartner nach seinem Abschluss zunächst als Key-Account-Manager in der Automobilindustrie, um genug Geld für die Anfangsphase seines Unternehmens anzusparen.
Dieser Job führte ihn oft ins Ausland, wo es den Jungunternehmer immer schon hingezogen hatte. Während der Schulzeit verbrachte er bereits ein Jahr in den USA. Bis heute besucht er dort regelmäßig seine „zweite Familie“inklusive des selbst ernannten Adoptivgroßvaters. Auch seine Begeisterung für American Football stammt aus dieser Zeit. Bis vor einigen Jahren spielte er bei den Generali Invaders St. Pölten. Für vier Trainingstage in der Woche blieb aber nach dem Einstieg in die Selbstständigkeit kaum noch Energie. Das eigene Start-up beansprucht sehr viel Zeit. Denn obwohl ihm das „Chefsein“selbst nicht viel bedeutet, betont der gebürtige Niederösterreicher: „Ich mag es nicht, nicht Teil einer Entscheidung zu sein.“
Die Einkaufsstraßen der Welt
Mit dem Verkauf lokaler Produkte in der Pop-up-Zentrale möchte Baumgartner die Arbeit österreichischer Marken und Hersteller fördern. Das sei ihm aus zwei Gründen wichtig: Zum einen aus ökologischer Sicht, zum anderen, weil er nicht wolle, dass jede Einkaufsstraße auf der Welt gleich aussehe. Ein Leben ohne eigene Firma ist für ihn mittlerweile nur schwer vorstellbar. „Ich habe meinen Lebenslauf auch schon sehr lange nirgendwo mehr hingeschickt“, sagt Baumgartner lachend. Nach der Gründung seines ersten Start-ups habe er zwar einigen Blödsinn gemacht. „Jetzt aber“, fasst er zusammen, „haben wir so viele Ideen, wir könnten noch 15 Unternehmen gründen.“