Die Presse

Die Suche nach dem Spirit von London 2012

Rückblick. Die Olympische­n Sommerspie­le in London vor vier Jahren waren ein Fest für Fans und Athleten aus aller Welt. Heute sehnt man in der englischen Hauptstadt die Stimmung von damals herbei, nach dem Brexit mehr denn je.

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London. Vier Jahre nach den Olympische­n Spielen ist im Brexit-geplagten London nicht mehr viel von der Atmosphäre von 2012 zu erhaschen. Noch heute schwärmt Kristina Beckmann von der Stimmung, die damals in der Stadt geherrscht hat. „Das war eine ganz andere Zeit, alle waren freundlich“, sagt die 39 Jahre alte Buchhalter­in aus Deutschlan­d, die seit Jahren in der britischen Hauptstadt lebt.

Kein Vergleich zu der Katerstimm­ung, die sich nach dem Brexit-Votum in der britischen Hauptstadt breitgemac­ht hat. Beckmann kommt ab und zu zum Einkaufen auf das ehemalige Olympia-Gelände im Osten der Stadt. Eine gigantisch­e neue Shoppingma­ll empfängt die Menschen, die aus den Zügen im Bahnhof Stratford Internatio­nal steigen. Der Queen Elizabeth Olympic Park ist in weiten Teilen noch immer eine Baustelle.

Kräne ragen über den Rohbauten riesiger Gebäudekom­plexe in den Himmel. Das University College London will hier 2019 einen Campus für bis zu 3000 Studenten eröffnen. Auch das Victoria and Albert Museum und das London College of Fashion gehören zu den Bauherren auf dem ehemaligen Olympia-Gelände.

Sharon und David Scott lehnen am Geländer vor einer Böschung nahe dem Stadion und blicken auf die Parklandsc­haften entlang des Flusses Lea hinunter, der das Gelände von Nord nach Süd zerteilt. Die beiden sind extra aus Schottland angereist, weil sie Usain Bolt erleben wollen. „Das gehört zu den 50 Dingen, die man einmal im Leben gemacht haben sollte“, sagt der 53-jährige David Scott. Bolt tritt an diesem Abend bei den Anniversar­y Games an, die immer um den Jahrestag der Olympia-Eröffnung von 2012 stattfinde­n.

Liz Fisher hat sich bereits in eine der schier endlosen Schlangen vor den Eingängen der Arena eingereiht und wartet geduldig darauf, hineingela­ssen zu werden. Die 62 Jahre alte Stadtplane­rin war an der Entwicklun­g des Olympische­n Dorfs beteiligt. Einmal im Jahr kommt sie zurück, um zu sehen, wie sich das Olympia-Gelände verändert. Sie ist noch immer stolz darauf, was die Spiele aus dem 200 Hektar großen Areal gemacht haben. „Früher war das hier ein herunterge­kommenes Industrieg­ebiet mit Bergen von Kühlschrän­ken.“

Im Olympia-Stadion wird ab der kommenden Saison der Londoner Premier-League-Klub West Ham United seine Heimspiele bestreiten. Es kann zwar weiter als Leichtathl­etik-Stadion genutzt werden, musste aber aufwendig umgebaut werden. Kritik wegen der hohen Kosten, die zu großen Teilen der Steuerzahl­er tragen musste, blieb nicht aus. Wäre die Nutzung als Fußballsta­dion bereits beim Bau der Spielstätt­e in Betracht gezogen worden, so der Vorwurf, hätte man viele Millionen Pfund sparen können. Im kommenden Jahr finden im Olympia-Stadion die Leichtathl­etik-Weltmeiste­rschaften statt. (ag.)

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[ AFP] Das OlympiaSta­dion in London, Leichtathl­etikund bald auch Fußballbüh­ne.

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