ORF-Info als Spielball der Wahl
Medien. Die Bewerbungen von Alexander Wrabetz und Richard Grasl unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt: bei ihren Vorschlägen für die ORF-Information.
Es ist also doch kein Last-Minute-Kandidat für den ORF aufgetaucht. Obwohl kaum noch jemand damit gerechnet hatte, blieb die Hoffnung auf ein Überraschungsmoment. Doch die Nachnominierungsfrist verstrich am Montag ungenützt. Acht Personen haben sich beworben, sechs davon sind chancenlos. Es bleibt beim Zweikampf zwischen dem jetzigen, von der SPÖ favorisierten ORF-Chef, Alexander Wrabetz, und dem von der ÖVP unterstützten Finanzdirektor Richard Grasl.
Heute, Dienstag, treffen sie – getrennt voneinander – die Stiftungsräte Wilfried Embacher (Grüne), Hans Peter Haselsteiner (Neos) und Günter Leitold zu einem Privatissimum. Auch wenn es zu begrüßen ist, dass sich mancher Stiftungsrat eingehender mit den Konzepten der Kandidaten beschäftigen will, zeigt diese kleine Runde doch: Unentschlossen sind nur mehr die Räte der Opposition, für die Stiftungsräte aus den SPÖ- und ÖVP-Freundeskreisen war die Entscheidung schon lange vor Bewerbungsschluss klar: Sie folgen dem Wunsch ihrer Partei. Nur FPÖStiftungsrat Norbert Steger nimmt nicht an der Fragerunde im kleinen Kreis teil. Hat er sich schon entschieden?
Vergleicht man die Konzepte der ORFKandidaten, fällt auf, dass sich Wrabetz in seiner 119-seitigen Bewerbung (davon sind fast 50 Seiten eine Bilanz seiner zwei Amtszeiten) als Bewahrer zeigt. Tenor: Es gibt Veränderungsbedarf, prinzipiell sind wir aber auf einem guten Weg. Grasl wirkt in seiner 168-seitigen Bewerbung viel angriffiger, seine Rolle als Herausforderer des aktuellen Chefs macht ihm das leicht. Dass er seit 2009 selbst Teil der Geschäftsführung ist, geht da manchmal unter. Er spart nicht mit Kritik, vor allem an Vorfällen in der ORF-Information.
Beide werfen mit Superlativen um sich, nicht nur, was das Programm betrifft; so kündigen sie etwa neue Korrespondentenbüros an (Wrabetz eines, Grasl drei). Wrabetz will u. a. eine neue Beurteilungsform der Führungskräfte einführen, Grasl die Mitarbeiter einmal im Monat über aktuelle Entwicklungen informieren. Das führt zur Frage: Wieso kommen diese Vorschläge erst jetzt?
Der General als Informationschef
Eines steht schon vor der Wahl nächsten Dienstag fest: Die ORF-Information wird sich stark verändern, das zeigen beide Konzepte. Wrabetz will künftig, dass jeder TV- und Radiosender sowie ORF On einen Chef (Channel-Manager) und einen Chefredakteur bekommt, allerdings erst „im letzten Drittel der kommenden Geschäftsführungsperiode“, wenn alle ORF-Journalisten im neuen Newsroom am Küniglberg arbeiten. Dann aber sollen die Channel-Manager und Chefredakteure an den Generaldirektor berichten, er ist es auch, der sie bestellt. Die Information fällt somit in die Zuständigkeit des Generaldirektors, was in Wrabetz’ Fall kein Journalist wäre. Fraglich, wie das dem Redakteursrat gefällt, der stets dagegen war, dass eine Person allein über redaktionelle Inhalte entscheiden kann.
Auch Grasl will – und das schon ab 2017 – für jeden ORF-Sender einen eigenen Chefredakteur – diese sollen aber an den jeweiligen Fach-Direktor (Radio, TV-Information, Digital) berichten. Dafür behält er sich Teile der Technik- und Finanzagenden in der Generaldirektion. Aus beiden Konzepten ergibt sich: Es sind viele neue Jobs zu vergeben. Mit denen gehen Wrabetz und Grasl nun hausieren.