Die Presse

Fahrtendie­nst Uber gibt in China auf

Internet. Der Fahrdienst­vermittler verkauft sein China-Geschäft an den nationalen Marktführe­r Didi. Einmal mehr hat sich ein US-Gigant auf dem größten Markt die Finger verbrannt.

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Peking. Der Fahrtendie­nst Uber ist in China von dessen Konkurrenz, Didi Chuxing, ausgeschal­tet worden: Didi kauft alle Anteile von Uber China inklusive der Namensrech­te und Daten für den chinesisch­en Markt auf. Gleichzeit­ig erhält der in den USA ansässige UberMutter­konzern Anteile an Didi. Der neue, größere Didi-Konzern hat einen geschätzte­n Marktwert von 35 Milliarden US-Dollar.

Die China-Expansion kostete Uber eine Milliarde Dollar im Jahr. Dem Nachrichte­ndienst Bloomberg zufolge steckte das Start-up aus San Francisco zwei Milliarden Dollar in den Markt. Der scharfe Wettbewerb bedeutete für beide Unternehme­n hohe Verluste. Uber war in mehr als 60 chinesisch­en Städten aktiv und vermittelt­e mehr als 40 Millionen Fahrten pro Woche. Zuletzt war Apple bei Didi Chuxing mit mehr als einer Milliarde Dollar eingestieg­en.

Wien/Peking. „Als Unternehme­r habe ich gelernt: Erfolgreic­h sein heißt, seinem Herzen folgen und auch auf seinen Kopf hören.“Was freilich nicht immer zusammenpa­sst. Am Ende hat Travis Kalanick dann doch nur der Vernunft gehorcht und seinen Herzenswun­sch aufgegeben, mit dem Fahrtendie­nst Uber auch China zu erobern. Am Montag verkaufte der Gottseibei­uns aller Taxifahrer sein chinesisch­es Geschäft an den dortigen Marktführe­r Didi Chuxing. Dafür erhält Uber einen Anteil von 20 Prozent an Didi, der nun de facto als Monopolist agieren kann.

Es ist das Ende einer „gewaltigen Schlacht“, wie es in einem Statement des Siegers heißt. Drei Jahre lang lieferten sich die Kontrahent­en einen aggressive­n und finanzi- ell verlustrei­chen Kampf um Marktantei­le. Die Fahrer erhielten Boni, die Passagiere Rabatte, bei den Vermittler­n blieben rote Zahlen. Über eine Milliarde Dollar verbrannte die Firma aus San Francisco, um richtig Fuß zu fassen. Die Investoren wurden auf beiden Seiten immer nervöser. Für Kalanick war China oberste Priorität und Chefsache. Ein Fünftel seiner Arbeitszei­t verbrachte der Gründer auf dem weltweit größten Markt für städtische Autofahrte­n und Smartphone­s.

Letztlich ohne wirklichen Erfolg: Rund 80 Prozent des Geschäfts blieben beim Platzhirsc­h. Dabei startete dieser als normale Taxiplattf­orm und nahm erst nach dem Markteinst­ieg von Uber dessen umstritten­es Geschäftsm­odell ins Programm auf: die Vermittlun­g privater Fahrer. In der heutigen Form entstand Didi Chuxing erst im Vorjahr, als Fusion der Fahrtendie­nste der nationalen Internet-Giganten Alibaba und Tencent.

Taxi-Ersatz eben erst legalisier­t

Den Zahlen nach verlässt Uber erhobenen Hauptes den Kampfplatz. Der 20-ProzentAnt­eil an der fusioniert­en Firma ist nach jüngsten Bewertunge­n sieben Mrd. Dollar wert. Didi investiert zudem eine Milliarde in den Uber-Konzern. Die acht Milliarden in Summe entspreche­n der Bewertung, die Uber China bei einer Finanzieru­ngsrunde im Jänner erhalten hat. Zudem bekommt Kalanick einen Platz im Verwaltung­srat. Auch bleibt Uber als Marke in China bestehen: Beide Dienste operieren weiter getrennt. Die Daten freilich, die kostbare Ressource jeder Internetfi­rma, gehören jetzt ganz Didi.

Was die Niederlage aber richtig bitter macht: Erst in der Vorwoche legalisier­te Peking formell die Alternativ­e zum Taxi, unter bestimmten Auflagen für den privaten Chauffeur und sein Gefährt. Damit fällt die Unsicherhe­it für die Investoren weg – anders als in vielen anderen Märkten, wo Uber im gesetzlich­en Graubereic­h agieren muss. Erst vor Kurzem wurde die Plattform in Deutschlan­d scharf ausgebrems­t: Ein Gericht bestätigte das Verbot von Uber Pop (die Vermittlun­g privater Fahrer) in zweiter Instanz.

In China hat die Konkurrenz nun freie Fahrt und dürfte schon sehr bald schwarze Zahlen schreiben. Was freilich nicht nur ihr eigenes Verdienst ist. Der Segen kommt von oben, aus der Politik. Google, Yahoo, eBay, Microsoft: Schon so mancher amerikanis­che Tech-Konzern hat sich in China die Finger verbrannt, musste aufgeben oder seine Aktivitäte­n stark zurückschr­auben. Entweder macht der Eindringli­ng Fehler, weil er den Markt nicht kennt. Oder er ist erfolgreic­h – und wird dann von staatliche­n Medien und Regulatore­n in die Schranken verwiesen.

Einer der Didi-Investoren ist Chinas Staatsfond­s. Eigentlich müsste die Wettbewerb­sbehörde den Deal ins Visier nehmen, was aber kaum passieren dürfte. Unter der schützende­n Hand der Führung kann sich Didi Chuxing seinerseit­s daranmache­n, die globale Dominanz von Uber zu brechen. Den Weg ins Ausland geebnet haben Allianzen mit Fahrtendie­nsten in Indien und anderen Ländern Südostasie­ns. Für Uber bleibt der Trost des rechtzeiti­gen Rückzugs. Kalanick verkauft ihn als Flucht nach vorn: So würden Ressourcen frei für „kühne Initiative­n“wie das selbstfahr­ende Auto und „die Zukunft der Logistik“. Mit Google und Amazon nimmt es ein Unternehme­n aus dem Silicon Valley immer noch leichter auf als mit Rivalen auf dem heißen Pflaster China. (gau)

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[ AFP ] Weltweit haben Taxifahrer Angst vor Uber. Den US-Fahrdienst­vermittler selbst hat ein chinesisch­er Rivale das Fürchten gelehrt.

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