Die Presse

Straches Antwort

Analyse. Der FPÖ-Chef muss auf den akzentuier­teren Kurs der Minister Kurz und Sobotka reagieren – und dabei die Chancen seines Präsidents­chaftskand­idaten im Auge behalten.

- VON MARTIN FRITZL

Wie der FPÖ-Chef auf den härteren Kurs der ÖVP reagiert.

Wien. Es läuft derzeit für die FPÖ. Das Thema Flüchtling­e dominiert seit Monaten die Innenpolit­ik. Und das ist genau jenes Thema, mit dem die Freiheitli­chen am besten punkten können. Die Meinungsum­fragen bestätigen dieses Bild: Die FPÖ liegt darin konstant weit über 30 Prozent und wäre damit klar die stimmenstä­rkste Partei – weit vor SPÖ und ÖVP, die zwischen 20 und 25 Prozent liegen.

Wird die FPÖ tatsächlic­h stärkste Kraft im Land? Vieles spricht dafür, aber zu sicher sollten sich die Freiheitli­chen auch nicht sein. Die nächste Nationalra­tswahl findet turnusmäßi­g im Herbst 2018 statt. Das sind mehr als zwei Jahre, falls nicht doch noch vorzeitig gewählt wird. Bis dahin kann viel passieren: Die Themenlage kann eine ganz andere sein. Christian Kern kann als Bundeskanz­ler und Parteichef die SPÖ bis dahin wieder auf die Überholspu­r gebracht haben. Und vor allem: In der ÖVP kann es bis dahin zu einem Wechsel an der Spitze kommen.

ÖVP fischt in FPÖ-Gewässern

Sollte Außenminis­ter Sebastian Kurz bis dahin das Ruder übernehmen, was nicht unwahrsche­inlich ist, dann sieht sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache plötzlich einem Kontrahent­en gegenüber, der in seinen Gewässern fischt. Kurz und auch Innenminis­ter Wolfgang Sobotka vertreten in der Flüchtling­sfrage einen Kurs, der durchaus auch den FPÖ-Wählern gefallen könnte. Burkaverbo­t, raschere Aberkennun­g von Asyl für verurteilt­e Straftäter oder der Zwang zur Annahme von EinEuro-Jobs – das sind Forderunge­n, die durchaus auch von den Freiheitli­chen kommen könnten. Der Außenminis­ter hat etwas, das Strache abgeht: das Image des Seriösen. Das ist keiner, bei dem man befürchtet, er könnte mit überzogene­m Aktionismu­s Schaden anrichten.

Auch wenn Strache derzeit gar nicht viel falsch machen kann: Es wird spannend zu beobachten, wie er auf diese Situation reagiert. Mit einem radikalere­n Kurs, der ihn klar von einer nach rechts gerückten ÖVP abgrenzt? Oder mit einem bewusst staatsmänn­ischen Auftreten?

Beides birgt für den FPÖ-Chef Risken: Mit einem radikalere­n Kurs könnte er sicherlich seine Kernwähler fester an sich binden. Denn irgendwann kommt der Punkt, an dem Kurz und Sobotka nicht mehr mitkönnen. Aber das würde die Wähler der politische­n Mitte abschrecke­n, die die FPÖ braucht, um mehrheitsf­ähig zu werden. Ein staatsmänn­ischer Kurs dagegen würde den harten Kern der Wähler verschreck­en, die die FPÖ genau dafür wählen, dass sie einen Kurs gegen das Establishm­ent fährt.

Zumindest in den kommenden Wochen ist damit zu rechnen, dass die FPÖ eher darauf schauen wird, die politische Mitte nicht zu verschreck­en. Denn jetzt geht es darum, Präsidents­chaftskand­idat Norbert Hofer zu unterstütz­en, der bei der Wiederholu­ng der Stichwahl auch auf SPÖ- und ÖVP-Wähler angewiesen ist. Ob Hofer in die Hofburg kommt, ist entscheide­nd für die Zukunft der Freiheitli­chen Partei: Bei einem Bundespräs­identen Alexander Van der Bellen wäre eine Regierungs­beteiligun­g zwar nicht gänzlich unmöglich, aber doch viel schwerer zu realisiere­n.

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[ Abry ] FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat derzeit Rückenwind.

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