Straches Antwort
Analyse. Der FPÖ-Chef muss auf den akzentuierteren Kurs der Minister Kurz und Sobotka reagieren – und dabei die Chancen seines Präsidentschaftskandidaten im Auge behalten.
Wie der FPÖ-Chef auf den härteren Kurs der ÖVP reagiert.
Wien. Es läuft derzeit für die FPÖ. Das Thema Flüchtlinge dominiert seit Monaten die Innenpolitik. Und das ist genau jenes Thema, mit dem die Freiheitlichen am besten punkten können. Die Meinungsumfragen bestätigen dieses Bild: Die FPÖ liegt darin konstant weit über 30 Prozent und wäre damit klar die stimmenstärkste Partei – weit vor SPÖ und ÖVP, die zwischen 20 und 25 Prozent liegen.
Wird die FPÖ tatsächlich stärkste Kraft im Land? Vieles spricht dafür, aber zu sicher sollten sich die Freiheitlichen auch nicht sein. Die nächste Nationalratswahl findet turnusmäßig im Herbst 2018 statt. Das sind mehr als zwei Jahre, falls nicht doch noch vorzeitig gewählt wird. Bis dahin kann viel passieren: Die Themenlage kann eine ganz andere sein. Christian Kern kann als Bundeskanzler und Parteichef die SPÖ bis dahin wieder auf die Überholspur gebracht haben. Und vor allem: In der ÖVP kann es bis dahin zu einem Wechsel an der Spitze kommen.
ÖVP fischt in FPÖ-Gewässern
Sollte Außenminister Sebastian Kurz bis dahin das Ruder übernehmen, was nicht unwahrscheinlich ist, dann sieht sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache plötzlich einem Kontrahenten gegenüber, der in seinen Gewässern fischt. Kurz und auch Innenminister Wolfgang Sobotka vertreten in der Flüchtlingsfrage einen Kurs, der durchaus auch den FPÖ-Wählern gefallen könnte. Burkaverbot, raschere Aberkennung von Asyl für verurteilte Straftäter oder der Zwang zur Annahme von EinEuro-Jobs – das sind Forderungen, die durchaus auch von den Freiheitlichen kommen könnten. Der Außenminister hat etwas, das Strache abgeht: das Image des Seriösen. Das ist keiner, bei dem man befürchtet, er könnte mit überzogenem Aktionismus Schaden anrichten.
Auch wenn Strache derzeit gar nicht viel falsch machen kann: Es wird spannend zu beobachten, wie er auf diese Situation reagiert. Mit einem radikaleren Kurs, der ihn klar von einer nach rechts gerückten ÖVP abgrenzt? Oder mit einem bewusst staatsmännischen Auftreten?
Beides birgt für den FPÖ-Chef Risken: Mit einem radikaleren Kurs könnte er sicherlich seine Kernwähler fester an sich binden. Denn irgendwann kommt der Punkt, an dem Kurz und Sobotka nicht mehr mitkönnen. Aber das würde die Wähler der politischen Mitte abschrecken, die die FPÖ braucht, um mehrheitsfähig zu werden. Ein staatsmännischer Kurs dagegen würde den harten Kern der Wähler verschrecken, die die FPÖ genau dafür wählen, dass sie einen Kurs gegen das Establishment fährt.
Zumindest in den kommenden Wochen ist damit zu rechnen, dass die FPÖ eher darauf schauen wird, die politische Mitte nicht zu verschrecken. Denn jetzt geht es darum, Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer zu unterstützen, der bei der Wiederholung der Stichwahl auch auf SPÖ- und ÖVP-Wähler angewiesen ist. Ob Hofer in die Hofburg kommt, ist entscheidend für die Zukunft der Freiheitlichen Partei: Bei einem Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen wäre eine Regierungsbeteiligung zwar nicht gänzlich unmöglich, aber doch viel schwerer zu realisieren.