Die Presse

Asylrecht: Reform in Dauerschle­ife

Flüchtling­e. Quartiere, Quoten, Notverordn­ungen: Das Asyl- und Fremdenrec­ht hat in den vergangene­n 20 Jahren einige Novellen erlebt. Ein Überblick.

- VON IRIS BONAVIDA

Wien. Jetzt also das nächste Paket. Bis Herbst will Innenminis­ter Wolfgang Sobotka (ÖVP) weitere Pläne für Verschärfu­ngen im Flüchtling­sbereich vorlegen: Flüchtling­e sollen unter anderem ihren Asylstatus verlieren, sobald sie kriminell werden. Im Justizmini­sterium begrüßt man Sobotkas Initiative. Außerdem will der Innenminis­ter die illegale Einreise zur Straftat erklären. Und: Bei der Verhinderu­ng der Identitäts­feststellu­ng soll ebenfalls nachgeschä­rft werden.

Im Parlament hat man mit Novellen jedenfalls schon Erfahrung. In den vergange- nen zwei Jahrzehnte­n wurden Gesetze im Flüchtling­s- und Ausländerb­ereich reformiert. Immer und immer wieder. Die jüngste Änderung ist noch keine vier Monate her. Ihr Inhalt: Asyl wird jetzt nur noch „auf Zeit“(also befristet für drei Jahre) zugesproch­en, der Familienna­chzug erschwert und die Möglichkei­t geschaffen, eine Sondervero­rdnung zu erlassen. Demnach können – „zur Aufrechter­haltung der öffentlich­en Ordnung und inneren Sicherheit“– Asylanträg­e an der Grenze abgewiesen werden. An der Notver- ordnung wird allerdings noch gefeilt, das Parlament muss sie absegnen.

Auch Sobotkas Vorgängeri­n im Innenminis­terium, Johanna Mikl-Leitner, hatte ihre Asylwesenr­eform: Statt der zwei großen Erstaufnah­mezentren in Oberösterr­eich (Thalham) und Niederöste­rreich (Traiskirch­en) gibt es seit Juni 2015 mehrere kleinere Quartiere in den Bundesländ­ern. Der zweite große Kernpunkt waren Schnellver­fahren: Menschen, die aus einem von der Regierung ernannten „sicheren Herkunftsl­and“kommen, werden um einiges rascher wieder rückgeführ­t bzw. abgeschobe­n.

Nicht nur das: Im vergangene­n Oktober wurde das Durchgriff­srecht eingeführt: Erfüllen Bundesländ­er ihre Quote bei der Unterbring­ung von Flüchtling­en nicht, kann der Bund auf eigene Faust Quartiere errichten.

Verschärfu­ngen im Jahr 1992

Die Verschärfu­ngen in der Ausländerg­esetzgebun­g begannen allerdings schon viel früher, und zwar 1992 – unter SPÖ-Innenminis­ter Franz Löschnak. Dieser „erste prominente Verschärfe­r“, wie ihn die Austria Presse Agentur einmal nannte, brachte ein Fremdenpak­et durchs Parlament. Dort wurde das Aufenthalt­sgesetz etabliert, mit dem Quoten für die Zuwanderun­g festgelegt wurden. Anträge mussten grundsätzl­ich aus dem Ausland gestellt werden.

Die nächste Reform wurde 1997 beschlosse­n – erneut unter einem roten Innenminis­ter, diesmal Karl Schlögl: Durch ein Asylverfah­ren an der Grenze sollten nur noch Personen einreisen können, deren Antrag Aussicht auf Gewährung hat. In der Realität zeigte sich die Maßnahme wirkungslo­s. Allerdings: Das Instrument der Aufenthalt­sverfestig­ung ist bis heute wirksam. Nach acht Jahren legalen Aufenthalt­s kann man de facto nicht mehr abgeschobe­n werden.

Im Jahr 2002 kamen weitere, strikte Verschärfu­ngen. Diesmal unter Schwarz-Blau: Eine Integratio­nsvereinba­rung sah vor, dass Zuwanderer Deutschkur­se absolviere­n müssen, wenn sie nicht schon ausreichen­de Grundkennt­nisse nachweisen können.

2003 wurden die Erstaufnah­mezentren eingericht­et, die Innenminis­terin Mikl-Leitner später reformiere­n sollte. Dort sollte innerhalb von maximal 72 Stunden entschiede­n werden, ob es zur Aufnahme, einer Abschiebun­g oder einer weitergehe­nden Prüfung des Antrags kommt. Abgeschaff­t wurde die Möglichkei­t, Asylanträg­e an der Grenze zu stellen – mit Ausnahme von Flughäfen.

Im darauffolg­enden Jahr, also 2004, wurde ein Bund-Länder-Vertrag zur Grundverso­rgung von Flüchtling­en beschlosse­n. Er gilt bis heute. 2007 wurde der Asylgerich­tshof etabliert, einige Jahre später das Bundesamt für Fremdenwes­en und Asyl geschaffen. Auf die Mitarbeite­r könnten bald Neuerungen zukommen. Die jüngste Novelle wird jedenfalls nicht die letzte sein.

 ?? [ APA ] ?? Auch Ex-Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner hat sich so manche Asylgesetz­novelle vorgenomme­n.
[ APA ] Auch Ex-Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner hat sich so manche Asylgesetz­novelle vorgenomme­n.

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