Kirche greift in Uni-Autonomie ein
Konkordat. Seit 2002 hat die katholische Kirche eine Berufung verweigert. Ein Uni-Professor musste gehen, weil er nach seiner Scheidung erneut geheiratet hatte.
Wien. Die katholische Kirche greift selten, aber doch in die personelle Autonomie der Unis ein. Das zeigt die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Grünen Sigi Maurer durch Uni-Minister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Seit 2002 wurde einmal die Zustimmung zur Berufung eines Professors verweigert. Außerdem wurde ein Professor abberufen – weil er nach seiner Scheidung erneut geheiratet hatte.
Aufgrund des Konkordats zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik hat die katholische Kirche großen Einfluss auf Personalfragen und Studienpläne an den katholisch-theologischen Fakultäten. Unter anderem muss sie der Berufung eines Professors sowie der Erteilung einer Lehrbefugnis (venia docendi) zustimmen. Der Rektor muss von den kirchlichen Behörden ein sogenanntes Nihil obstat, eine Unbedenklichkeitserklärung, einholen. Umgekehrt läuft es genauso: Auf Betreiben der Kirche muss der Rektor einen Dozenten bzw. Professor von der Lehrtätigkeit entheben. Trifft dies einen Professor, darf er im Regelfall in Frühpension gehen.
An den katholisch-theologischen Fakultäten in Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg wurden seit 2002 38 Berufungen durchgeführt. 37-mal gab es das Nihil obstat, einmal wurde es verweigert – bei der Besetzung der Professur für Dogmatik an der Uni Wien. Erst als die Universität einen anderen Kandidaten vorschlug, gab es die Zustimmung der Kirche.
Ebenfalls an der Uni Wien kam es zur Enthebung eines Professors: Erzbischof Christoph Schönborn forderte 2012 die Absetzung des Uni-Lehrers aufgrund dessen Scheidung und (staatlicher) Wiederverheiratung. Dem folgte ein inneruniversitärer Streit: Die Fakultät warf dem Professor vor, durch seinen Schritt die Enthebung provoziert zu haben, um in Frühpension gehen zu können – hätte er sich um eine Annullierung seiner Ehe bemüht, wäre er eventuell um die Absetzung herumgekommen. (APA)