Der Bote darf nicht bestraft werden
Gewinnzusage. Ein Schweizer Logistiker muss einem Verbraucher nicht den unlauter zugesagten Gewinn auszahlen, wenn er nur der Übermittler der Sendung ist.
Wien. Die Antike ist voll von Mythen, in denen der Überbringer der schlechten Botschaft bestraft wird.
Der OGH entschied sich in einem aktuellen Urteil (4 Ob 7/16g), den alten Griechen nicht zu folgen – der ihm vorgelegte Sachverhalt war auch etwas anders gelagert. Die Kernaussage seines Spruchs: Ein Logistikdienstleister für einen Unternehmer, welcher sich der unlauteren Geschäftspraktik von Gewinnzusagen bedient, haftet dem Verbraucher gegenüber grundsätzlich nicht für die Zahlung des zugesagten Gewinns.
Der Kläger erhielt von einer Fantasiefigur namens „Michelle Devon“ein Schreiben mit einer Gewinnzusage. Gemäß § 5c Konsumentenschutzgesetz müssen Unternehmer, die solche Zusagen persönlich an Verbraucher adressieren, sie glauben lassen, einen bestimmten Preis gewonnen zu haben, sie aber nur zu Bestellungen motivieren wollen, den versprochenen Betrag zahlen.
Im vorliegenden Fall war das zurückzusendende „Annahmeformular“an ein holländisches Postfach einer in der Schweiz ansässigen Logistikgesellschaft adressiert. Der eigentliche Absender war nicht ersichtlich. Die Schwestergesellschaft der Logistikerin hat eine Vereinbarung mit einem Unternehmen mit Sitz in Singapur, an welches sie die Sendungen weiterleitete. Die Beklagte hatte auf den Sendungsinhalt keinen Einfluss.
Da sie aber die einzige greifbare Person war, begehrte der Kläger von ihr die Zahlung des ihm zugesagten Gewinns von 78.000 Euro. Als Argument brachte er vor, sie habe zur unlauteren Geschäftspraktik beigetragen, indem sie ein Postfach einrichtete und es trotz laufender Aufforderungsschreiben und Klagen weiterbetrieb.
Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Die Zusendung sei zwar eine verbotene Gewinnzusage, die Beklagte aber nicht passiv legitimiert gewesen, da sie nicht deren „Senderin“sei. Der OGH bestätigte dieses Urteil und gab der Revision nicht Folge. Eine Haftung der Beklagten sei jedenfalls ab dem Zeitpunkt ausgeschlossen, zu dem sie im Verfahren die wahren Verhältnisse offengelegt habe – ab da könne sie kein durschnittlicher Verbraucher als hinter dem Versprechen stehend betrachten.