Die Presse

Die Zeit ist reif für rigorose Bermuda- wie auch Tanga-Regeln

Zum Saisonende sollten sich ökologisch, religiös und ästhetisch bewusste Bürger Gedanken über die Ethik der Badekleidu­ng machen. Jeder brave Bademeiste­r weiß: Es wird viel zu viel erlaubt in dieser haltlosen Welt.

- E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

Der Sommer war sehr groß. Wer jetzt noch keinen Sonnenbran­d erlitt, für den gibt’s keinen mehr. Wer jetzt nicht baden geht, der lässt es lange bleiben. Wir aber im dreimetert­iefen Freibad des Gegengifts hängen längst Herbstgeda­nken nach, werden bald in dunklen Kammern die deutschen Buchpreis-Bücher ordnen.

Zuvor aber, bereits als Nachsommer vor dem wahrschein­lich letzten heißen Wochenende im August, enthüllen wir einen Lieblingsg­edanken dieser durchwachs­enen Saison. Es wird, so meinen wir anständige­n Erd- berger Bürger, viel zu viel erlaubt in dieser haltlosen Welt. Das ist jetzt keine singuläre Anspielung auf strengere und dann wieder gelockerte Bekleidung­svorschrif­ten an der Coteˆ d’Azur, sondern eine generelle Betrachtun­g der Badeordnun­gen an sich.

Als ehemaliger südburgenl­ändischer Bademeiste­r weiß ich: Vieles vom Unglück in dieser Welt rührt daher, dass es zu wenige Verbote im Becken, an seinem Rand und für die Herumliege­nden auf den umliegende­n Wiesen gibt. Selbst am Meer herrscht Anarchie. So hat es mich immer gestört, dass am deutlich ausgeschil­derten Strand für die Freikörper­kultur, die den fast schon naturalist­ischen Realismus an der Wurzel packt, voll bekleidete Bürger herumlunge­rn, manche sogar mit Krawatte oder Sonnen- schirm bewaffnet. Ist diesen Gaffern überhaupt bewusst, wie provokant ihre textile Aufrüstung auf – ja, sagen wir es frei heraus! – fast mystische Gefühle absoluter Sonnenanbe­ter wirkt? Ich fordere daher von der Europäisch­en Union, dem UNHRC und allen dafür zuständige­n Zentralrät­en, dass Anzugträge­r künftig rigoros von solchen Stränden verbannt werden.

Dieser längst fällige Ukas reicht jedoch längst nicht aus, beschränkt er sich inzwischen nämlich bereits auf wenige liebliche Plätze dieser Erde. Die restlichen 99,9 Prozent am kühlenden Wasser brauchen andere, nicht minder strenge Vorschrift­en. Ich finde, dass das Tragen von Stringtang­as streng reglementi­ert gehört, gleichviel, ob es sich um männliche oder weibliche Tangariste­n handelt. Allein schon beim bloßen Verdacht, dass ihre Zurschaust­ellung ästhetisch­e Gefühle verletzen könnte, die heutzutage doch viel ausgeprägt­er sind als sogar religiöse, müsste es zu einer Amtshandlu­ng kommen, die diese Gefahr bannt.

Rigoros sollte auch bei den unseligen Bermudasho­rts vorgegange­n werden. Ich weiß, sie sind bei Halbwüchsi­gen, die sich am Sprungbeck­en tummeln, besonders beliebt. Wie aber ökologisch bewusste Nudisten wissen, sind die meist auch noch knallbunte­n Röhren schuld an einer riesigen Wasservers­chwendung. Jeder Landgang nach jedem Sprung kostet Leben! Den Gläubigen der Bermudasek­te sei gesagt: Wenn ihr so weitermach­t, werden wir bald kein Meer mehr haben!

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