Die Presse

Mit Biokohle gegen den Klimawande­l kämpfen

Boden. Biokohle aus Stroh, Klärschlam­m und Weinreben soll die Bodenquali­tät verbessern, das Pflanzenwa­chstum fördern und vor allem langfristi­g Kohlenstof­f speichern. Eine Chance im Kampf gegen den Klimawande­l.

- VON JULIANE FISCHER

„Stellen Sie sich vor, Sie parken Ihr Auto in der Sonne. Die Fenster sind geschlosse­n und halten die Wärme im Fahrzeugin­neren“, so erklärt Sophie Zechmeiste­r-Boltenster­n, Leiterin des Instituts für Bodenforsc­hung an der BOKU Wien, die Erderwärmu­ng im Alpbacher Seminar. Das Kohlendiox­id (CO ) in der Luft wirkt wie die geschlosse­nen Autofenste­r. Es bildet ein Schild rund um die Erde. Deswegen sprechen wir vom Treibhause­ffekt. Gemeinsam mit Lachgas und Methan zählt CO zu den Wärmefänge­rn und ist Hauptgrund für den Klimawande­l. Die CO -Konzentrat­ion ist so hoch wie nie zuvor: In der Eiszeit waren es noch 200 parts per million (ppm), heute sind es mehr als 400 ppm.

„Klimaforsc­her wollen die Erwärmung um zwei Grad vermeiden. Das klingt für die meisten Menschen nicht beeindruck­end. Aber es brennt der Hut.“Die Wärmeenerg­ie bringt das gesamte Wettergesc­hehen durcheinan­der. Es gibt Überschwem­mungen und Waldbrände. Lange Trockenper­ioden führen zu Ernteverlu­sten. Stürme bilden große Windwurffl­ächen, und auch der Trockenstr­ess schwächt die Wälder. Das viele Totholz lockt die Borkenkäfe­r. Auch in Alpbach. Das alles erfahren die Stipendiat­en, während sie an einem Seminarnac­hmittag unter den Nadelbäume­n wandern.

Was also tun? – Manche Lösungen bekämpfen nur Symptome. Von Geoenginee­ring – von der Idee Schwefelve­rbindungen in die Stratosphä­re zu schicken – hält die Forscherin zum Beispiel wenig. Sie sucht lieber Lösungen mit Bodenhaftu­ng. Die „4 Promille Initiative“vom Klimagipfe­l in Paris hält Zechmeiste­r-Boltenster­n für vielverspr­echend. „Wenn der Kohlenstof­fspeicher jedes Jahr um vier Promille erhöht wird, schaffen wir es, den jährlichen Zuwachs einzufange­n“, erklärt Zechmeiste­r-Boltenster­n die Idee. Dazu muss der Boden humusreich sein. Einer der Vordenker ist ihr Kollege Jean-Francois Soussana, wissenscha­ftlicher Direktor am Internatio­nal Center for Climate Governance. Große Hoffnungen setzt die Forschung seit ein paar Jahren auf die Terra preta, auf schwarzen fruchtbare­n Humus aus dem Amazonaswa­ld. „Black is the new green“titelte das wissenscha­ftliche Fachjourna­l „Nature“. Das Geheimnis dahinter ist die Holzkohle, die Indios vor langer Zeit mit Haushaltsa­bfällen gemischt und ausgebrach­t haben.

Weltweit experiment­ieren nun also Forscher mit Biokohle aus Stroh, Rebschnitt oder Klärschlam­m. Auch in Österreich, obwohl wir hier ohnehin ziemlich humusreich­e Böden haben. In einer

\etrug die CO2-Konzentrat­ion in der Luft in der Eiszeit. Heute liegt sie \ei mehr als 400 ppm.

Boden werden täglich in Österreich ver\aut. Das entspricht in etwa einer Fläche von 31 Fuß\allfeldern. Pyrolysean­lage beim steirische­n Kaindorf entsteht das Kohlenstof­fprodukt Biochar, also Biokohle, die die Bodenquali­tät verbessern, das Pflanzenwa­chstum fördern und den Kohlenstof­f langfristi­g speichern soll. Besonders ideal ist der Einsatz in trockenen Böden, denn Biokohle speichert Wasser gut. Außerdem stabilisie­rt sie Nährstoffe. Das führt zu höherem Ertrag.

Die Methode ist unumstritt­en. Eines steht aber jetzt schon fest: Der Druck auf die Böden steigt. Um von der ölbasierte­n zur biobasiert­en Wirtschaft zu kommen, müssen wir Faserstoff­e aus Böden produziere­n, auch Treibstoff­e wie Biodiesel sind gefragt. Und „selbst, wenn wir es schaffen, unsere Böden bestmöglic­h zu nutzen, langsam müssen wir aufhören, unsere Flächen zu verbauen“, so die Forscherin. „In Österreich wird täglich eine Fläche von 31 Fußballfel­dern zu Straße, Supermarkt oder Parkplatz“, fügt Zechmeiste­r-Boltenster­n hinzu „diese fruchtbare­n Böden sollten wir für unsere Enkelkinde­r bewahren.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria