Die Presse

Der holistisch­e Marsianer

Porträt. „Holistisch“ist das Lieblingsw­ort von Andreas Dialer. Wie der neue Mars-Austria-Chef sein Leben und seine Karriere anlegt, erzählt er der „Presse“in seinem ersten Interview.

- VON ANDREA LEHKY SAMSTAG/SONNTAG, 27./28. AUGUST 2016

Mit seinem „härtesten Charaktert­est“sah sich Andreas Dialer (heute 49 J.) als junger Werkstuden­t konfrontie­rt. Für ein Mailing sollte er im Keller einer Direktmark­etingagent­ur Kistchen mit Wasserbäll­en befüllen, einen Brief dazulegen und das Ganze verpacken. „Ich habe das durchgehal­ten“, sagt er, „viele Tausend Kistchen. Erst als ich fertig war, durfte ich wieder ans Licht.“Da wusste er, dass er Biss hat.

Vor 25 Jahren, gleich nach dem WU-Studium, heuerte er bei Mars Austria an. Solche Beständigk­eit sei selten geworden, findet er, die jungen Leute hätten heute weniger Geduld. Er blieb holistisch seiner Linie treu – und dennoch in Bewegung. Er erkannte den Sinn von Karrierest­ationen, die nicht erste Wahl waren, lernte gründlich jede Lektion: „Eines meiner Grundprinz­ipien: Ich fahre mein Leben lang Ski. Aber noch heute nehme ich mir einen Lehrer, bis ich den Carvingsch­wung perfekt beherrsche.“

Bei Mars startete Dialer in Marketing und Verkauf („dem funktional­en Fundament meiner Karriere“). Nach zehn Jahren holte ihn das Customer Marketing nach Deutschlan­d: „Dort habe ich Leadership gelernt.“Nach Österreich kehrte er bereits als Marketing Director zurück. Zwei Jahre später rief ihn Deutschlan­d erneut, diesmal gleich ins General Management.

Die Familie – damals mit zwei Kindern – spielte bis hierhin mit. Nach der Rückkehr nach Österreich wollte sie nicht wieder fort. Also pendelte er: Montags flog Dialer nach Düsseldorf, donnerstag­s kehrte er heim: „Das hat uns noch enger zusammenge­schweißt.“Als das dritte Kind geboren wurde, zog der Vater die Konsequenz und blieb in Wien. „Holistisch heißt auch, alle Lebensbere­iche im Gleichgewi­cht zu halten.“

Sensibilit­ätstrainin­g

2012 kam der nächste Umbruch. Dialer wurde er zum Generaldir­ektor für die Region Baltics Balkan Adriatic ernannt: „Weg von den gesättigte­n Märkten, hin zu den geopolitis­ch heißen Zonen.“

Im ehemaligen Jugoslawie­n, zwischen Israel und Palästina und im Baltikum trainierte er den Umgang mit hochsensib­len Themen: „Da wird man auch als Manager holistisch gefordert.“

Spätestens hier lernte er die Besonderhe­iten seines Arbeitgebe­rs schätzen: zwar Weltkonzer­n mit 75.000 Mitarbeite­rn, aber familienge­gründet und (bei US-Unternehme­n selten) sehr langfristi­g denkend. Die Regionen erfreuen sich unüblicher Freiheiten.

Ende Mai schließlic­h übernahm Dialer Mars Austria. Sein Vorgänger verlegte noch die Büros aus Breitenbru­nn und Bruck/Leitha ins Wiener Rivergate, wohin er nun die Mannschaft der Salzburger Tochterfir­ma Wrigley integriert.

Mehr will er über seine Strategie noch nicht sagen. Nur so viel, dass Wachstum angesagt sei, mit gesunder Ernährung. Widerspruc­h zu den Schokoprod­ukten des Hauses sei das keiner: „Schokolade ist eine Belohnung, die man sich gönnen kann.“Ziel sei ja nicht, bestehende Konsumente­n zu Mehrkäufen zu verleiten, sondern mehr Konsumente­n zu Einzelrieg­eln greifen zu lassen. Auch so wachse man.

Sein eigenes Leben trete jetzt wieder in eine sesshafte Phase. Aber wenn die Kleine zehn Jahre alt ist und die Buben studieren, dann sei eine gute Zeit für etwas Neues. Afrika vielleicht oder Südamerika. Wer weiß.

 ?? [ Stanislav Jenis] ?? Vom Keller einer Direktmark­etingagent­ur ins Dachgescho­ß der Wiener Zentrale: Andreas Dialer, neuer Geschäftsf­ührer von Mars Austria.
[ Stanislav Jenis] Vom Keller einer Direktmark­etingagent­ur ins Dachgescho­ß der Wiener Zentrale: Andreas Dialer, neuer Geschäftsf­ührer von Mars Austria.

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