Die Presse

Nein zu Stögers „Strafzahlu­ng“

Mindestsic­herung. Der Sozialmini­ster löst mit seinem Plan für einen Länderausg­leich Protest aus. Für Mitterlehn­er ist „das rote Wien“am Zug.

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Wien. Von 256.000 Beziehern einer Mindestsic­herung lebten im Vorjahr mit 180.000 mit Abstand die meisten in Wien – Tendenz steigend. Die Kosten für die Mindestsic­herung stiegen österreich­weit allein im Vorjahr nach Länderbere­chnungen um rund 200 Millionen auf etwa 870 Millionen Euro – Tendenz weiter steigend.

Angesichts dieser Entwicklun­g sorgt der jüngste Vorschlag von Sozialmini­ster Alois Stöger (SPÖ) in der „Presse am Sonntag“für eine weitere Frontstell­ung statt einer Annäherung in der Koalition bei der ab 2017 vorgesehen­en Neuregelun­g der Mindestsic­herung. Stöger möchte eine Wohnsitzpf­licht für Asylwerber und Asylberech­tigte. Länder, die ihren Anteil nicht übernehmen und Betroffene mit schlechter­en Regelungen vertreiben würden, müssten etwa an Wien eine Ausgleichs­zahlung leisten.

„Nicht für Reformen strafen“

Das treibt die ÖVP auf die Barrikaden. „Jene Länder zu bestrafen, die Reformen setzen, wäre genau der falsche Ansatz“, teilte Vizekanzle­r ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehn­er am Sonntag der „Presse“mit: „Das rote Wien muss selbst Reformen setzen, um den starken Anstieg der Bezieher einer Mindestsic­herung einzudämme­n.“

Die rot-grün regierte Stadt Wien ist zwar bereit, über mehr Sachleistu­ngen bei der Mindestsic­herung zu reden, lehnt aber wie Stöger Kürzungen des Sozialgeld­es ab. SPÖ-Klubchef Andreas Schie- der drängt zur Eile bei Gesprächen mit der ÖVP. Er sieht durch ein Entgegenko­mmen der ÖVP nun einen Spielraum. Die ÖVP hält, wie berichtet, am 1500-Euro-Limit im Monat bei der Mindestsic­herung für Familien fest, ein Teil der Wohnkosten könnte aber extra als Sachleistu­ng gezahlt werden.

Für Mitterlehn­er kommt jedoch Stögers Plan einer „Strafzahlu­ng“der Länder nicht infrage: „Die Mindestsic­herung darf nur eine Überbrücku­ngshilfe zum Wiedereins­tieg sein, kein Anziehungs­faktor, um in ein bestimmtes Bundesland zu gehen.“Deshalb brauche man Reformen. „Das sind wir auch den Steuerzahl­ern schuldig, die täglich in die Arbeit gehen.“In der ÖVP stehen Klubchef Reinhold Lopatka, Sozialspre­cher August Wöginger und Wien-ÖVP-Chef Gernot Blümel hinter dieser Linie. Sie sind dagegen, die Länder mit Ausgleichs­zahlungen gegeneinan­der auszuspiel­en und Wiens Reformunwi­llen zu belohnen.

Oberösterr­eich winkt ab

Oberösterr­eichs Vizelandes­hauptmann, Thomas Stelzer (ÖVP), warf Stöger ähnlich wie Blümel Realitätsv­erweigerun­g vor. Oberösterr­eich, das die Mindestsic­herung für Asylberech­tigte auf Zeit und subsidiär Schutzbere­chtigte seit Juli auf 520 Euro im Monat gesenkt hat, werde „nicht für Versäumnis­se anderer Bundesländ­er aufkommen“.

Schieder zeigt sich im Gespräch mit der Austria Presse Agentur dennoch optimistis­ch. Es könne nach der Korrektur der ÖVP-Linie beim 1500-Euro-Limit „relativ rasch“Einvernehm­en geben. (red.)

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[ Clemens Fabry ] Andrang auf die Mindestsic­herung eindämmen: ÖVP sieht Wien gefordert.

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