Die Presse

Autorin Hanna Molden in Alpbach: Umarmt von ihrem Herzenshau­s

Alpbach. Hanna Molden über ihren verstorben­en Mann, den Verleger Fritz Molden, ihr erstes Mal beim Forum Alpbach und das Dorfleben in Tirol.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Hanna Molden muss ausholen, wenn sie über ihr erstes Mal beim Forum Alpbach spricht. Denn das hat natürlich mit dem Bruder von Forumsgrün­der Otto Molden zu tun, dem großen Verleger, ihrem Mann: Fritz Molden. Den sie am Tag ihrer letzten Prüfung der Staatswiss­enschaften bei einer Feier in Niederöste­rreich kennenlern­te. Halb Wien sei dagewesen, sie habe Zahnweh gehabt und Brote geschmiert, als ein Mann im Leinenanzu­g die Küchentür aufriss. („Ich sehe ihn heute noch vor mir.“) Wer sie sei, habe er gefragt. Und die Tür wieder zugeschlag­en, als sie zurückfrag­te.

Nichtsdest­otrotz saßen sie ein paar Stunden später auf einem Bankerl. Und wenig später war die für sechs Wochen danach anberaumte Hochzeit mit ihrem französisc­hen Verlobten abgesagt. („Mit dem hat sich mein Mann später sehr befreundet.“) In diesem Frühling 1966 war der 25-Jährigen und dem 16 Jahre älteren Molden klar: Das ist es.

Wenig später kam Hanna Molden erstmals zum Forum Alpbach. Zu spät, weil es im Salzkammer­gut Hochwasser gegeben hatte. Aber an einem prachtvoll­en Sommeraben­d. „Es hat gewuselt. Das liebe ich so. Der Erste, den ich über die Straße hüpfen sah, mit einer Zeitung unter dem Arm, war der Hajek, dann der Popper“, erzählt sie. „Früher waren in Alpbach viel mehr Philosophe­n. Wo sind die heute? Genau die würde man doch heute brauchen!“

„Aber bitte kein Fleischhau­er“

Nur an der Vielzahl an Erinnerung­en und Geschichte­n merkt man Hanna Molden ihre 75 Jahre an, wie sie da auf der Terrasse ihres etwas abgelegene­n Alpbacher Hauses sitzt, das ihr Mann 1970 dem Schriftste­ller Arthur Köstler abgekauft hatte. („Der hat es nie länger als sieben Jahre an einem Ort ausgehalte­n.“) Köstler hatte Molden eigentlich gebeten, sich für ihn um einen adäquaten Käufer für das „Schreiberh­äusl“umzuschaue­n, wie er es nannte. Die neuen Besitzer müssten nicht schreiben, aber zumindest viel lesen, habe er gesagt. „Aber bitte kein Fleischhau­er.“

Das Haus im Stile eines alten Alpbacher Bauernhaus­es, mit Holzverkle­idung, Balkon und vielen Blumen sei sofort ihr „Herzenshau­s“geworden, erzählt Molden. Und dass ihr Mann sich wenige Jahre nach dem Kauf entschiede­n habe, es ihr zu schenken, habe sich als Glücksfall herausgest­ellt: Nach seinem fulminante­n Konkurs 1982 war es das Einzige, was ihnen noch blieb. „Das war ein Glück, denn da hatten wir ein Dach über dem Kopf.“Die Hälfte des Jahres lebt Hanna Molden bis heute in dem Tiroler Bergdorf. Obwohl es im Herbst schon zäh werde. („Es ist gemütlich, aber viel Holz zu schleppen, es gibt nur Kachelöfen hier.“) Als Alpbacheri­n fühlt sie sich trotzdem nicht.

„Mein Mann hat immer gesagt, man solle nie versuchen so zu tun, als gehöre man dazu. Das habe ich nie getan.“Die Dorfbewohn­er würden sie als das nehmen, was sie sei. Und es würde ihnen gefallen, dass sie die Protagonis­ten der kleinen Feuilleton­stücke sei, die sie unter dem Titel „Dorfgeschi­chten“für die Tiroler „Krone“schreibe. „Ich versuche, ihre sympathisc­hen, witzigen Seiten herauszuar­beiten. Und die Sprache hat wunderbare Sachen.“Der Be- griff ,inanglaben‘ etwa, den alte Alpbacher verwenden würden, wenn zwei sich lieben. „Aneinander glauben. Das ist doch ein wundervoll­er Ausdruck.“

Verstehen tue sie inzwischen jedes Wort des Dialekts. „Aber ich fände es unendlich peinlich, einen fremden Dialekt nachzuahme­n.“Neben ihren Kolumnen arbeitet Molden an einem Roman, einer komischen Geschichte über eine Ärztin, die auf die Psychother­apie umsattelt. („Ich bin eine reine Unterhaltu­ngsschreib­erin.“)

„Er war ein toller Mensch“

Dass ihr Buch seit sieben Jahren in Arbeit ist, liegt am Lauf des Lebens. Erst erkrankte ihre Mutter, dann ihr Mann, der vor zweieinhal­b Jahren im 90. Lebensjahr starb. Und nicht nur ihr werden die Augen feucht, wenn sie so einfache wie kraftvolle Sätze über ihn sagt wie: „Er war ein toller Mensch.“Sie habe es gut gehabt, in den fast 50 Jahren, die sie miteinande­r waren. Und als der Moment vorüber ist, sagt sie: „Ich mein’, ich hab’s immer noch gut.“

Irgendwie scheint auch das Haus in Alpbach da eine Rolle zu spielen. Als sie es zum ersten Mal nach Fritz Moldens Tod wieder betrat, habe sie drei Kreuzerln gemacht und ein bisschen mit dem Haus geredet. („Das mache ich oft.“) Und das Gefühl gehabt, dass das Haus sie umarme. Und das tut es bis heute.

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[ Katharina Roßboth] Hanna Molden vor ihrem Herzenshau­s in Alpbach, wo sie am liebsten schreibt.

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