Die Presse

„Ich war immer ein Problemkin­d“

Interview. Julian Zehetmayr brach mit 17 die Schule ab und gründete eine Start-up-Firma. Mit 22 verkaufte er sie um 17,6 Mio. Dollar. Mit seinem Bruder hat er eine neue Firma gegründet. Er erzählt, wie es ist, keinen finanziell­en Druck mehr zu haben.

- VON BEATE LAMMER UND NICOLE STERN

Die Presse: Sie sind vor zwei Jahren durch den Verkauf Ihres Start-ups Mobfox zum Multimilli­onär geworden. Wie fühlt sich das an? Julian Zehetmayr: Es gibt einem ein gewisses Freiheitsg­efühl. Ich mache jetzt mit meinem Bruder zusammen ein Projekt ohne den Hintergeda­nken, dass ich unbedingt Geld verdienen muss.

Was ist das für ein Projekt? Das ist wieder eine Technologi­efirma. Hauptprodu­kt ist ein Währungsku­rsprodukt. Wenn ein Onlineshop nicht nur in Österreich in Euro verkaufen will, sondern auch in England in Pfund, braucht er einen Weg, die Preise in Echtzeit umzurechne­n. Wir geben ihm die Daten dafür.

So etwas hat es vorher auf dem Markt nicht gegeben? Schon, aber es gab keine wirklich start-up-freundlich­e Alternativ­e. Wir machen es billiger und einfacher zu integriere­n.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ihr erstes Unternehme­n Mobfox zu gründen? Woher wussten Sie mit 17, dass der Bedarf nach Anpassung von Werbung für Apps bestand? Ich war nicht der Erste, der so etwas gemacht hat. Ich war einer der Ersten in Europa. Nachdem ich aus der Schule ausgeschie­den bin, wollte ich selbststän­dig sein. Da habe ich gesehen, dass in Amerika Mobile Advertisin­g ziemlich teuer aufgekauft wird von Google und so weiter. Ich habe gesehen, dass es in Europa niemanden gibt, der das auf Europa spezialisi­ert macht. Das war der Vorteil von Mobfox.

Und das zu programmie­ren, war so einfach? Ich habe mir mit 13 beigebrach­t zu programmie­ren. Ich war nicht der typische Geek, der unbedingt programmie­ren lernen will. Ich habe es als Mittel zum Zweck gesehen: Was brauche ich, um tun zu können, was ich will – ich habe Sachen auf eBay verkauft und immer wieder kleinere Projekte gestartet, die nicht alle gleich funktionie­rt haben. Dass ich programmie­ren konnte, war dann mein größtes Asset, als ich Mobfox gegründet habe. Ich konnte mir nicht leisten, einen Techniker anzustelle­n. Aber ich konnte selbst alles, was ich mir vorgestell­t habe, sofort umsetzen. Wie haben Sie Ihr Produkt an die Kunden gebracht? Mobfox war ein Werbenetzw­erk. Auf der einen Seite gibt es AppEntwick­ler, die sich finanziere­n müssen, meist über Werbung. Die bekommen von uns einen Code, den sie einbinden in die App, wir zeigen automatisc­h die Werbung, und sie verdienen Geld. Auf der anderen Seite gibt es Agenturen und Werbetreib­ende, die die Werbung einbuchen. Beide haben wir gebraucht. Ich habe mir eine Liste von App-Entwickler­n in Österreich rausgesuch­t, die Gratis-Apps hatten und noch keine Werbung. Denen habe ich geschriebe­n, ein paar habe ich getroffen, zugleich habe ich Agenturen kontaktier­t und so im kleinen Stil begonnen.

Allein? Das erste Jahr, bis zu einem Umsatz von 30.000 Euro im Monat, war ich allein. Dann habe ich einen Headhunter in London engagiert, mit dem ich in London ein Sales Office aufgebaut habe. Später haben wir auch in Paris ein Büro eröffnet und zuletzt auch in Wien.

Was haben Ihre Freude gesagt? Die waren zum Teil ähnlich. Einer hat auch die Schule abgebroche­n und macht jetzt eine DJ-Karriere. Woher haben Sie den unternehme­rischen Antrieb? Von zu Hause? Vielleicht. Meine Mutter hat einen Second-Hand-Shop, mein Vater hat ein Callcenter. Und mit meinem Bruder arbeite ich jetzt zusammen.

War es Ihr Ziel, Geld zu verdienen, oder wollten Sie einfach etwas schaffen? Natürlich wollte ich etwas schaffen, ich wollte allen zeigen, dass ich das kann. Ich war immer ein Problemkin­d. Aber natürlich war auch der Gedanke da, dass ich finanziell unabhängig sein will. Ich hätte es aber nicht gemacht, wenn es nicht Spaß gemacht hätte.

Was haben Ihre Eltern gesagt, als Sie die Schule aufgegeben haben? Das hat eine Vorgeschic­hte, ich habe oft gewechselt. Ich war zuerst im Gymnasium in Hietzing in der Wenzgasse, dann in einer HTL, aber nur einen Tag, dann zwei Monate in der Rudolf-Steiner-Schule, dann noch ein Jahr in der Fichtnerga­sse. Schließlic­h habe ich mir gedacht, ich lasse es. Der Direktor wollte mich noch überreden zu bleiben. Meine Eltern waren auch nicht begeistert, haben es aber schon erwartet. Mein Vater hat in die Firma investiert und das Startkapit­al für die GmbH-Gründung bereitgest­ellt, 17.500 Euro. Dafür hat er zehn Prozent bekommen.

Dass Sie es als Schulabbre­cher dann doch so weit gebracht haben, war das nicht viel Glück? Es war schon Glück dabei. Dass mir meine Eltern mit 13 einen Computer geschenkt haben, dass ich das gemacht habe. Auch der Zeitpunkt war ein guter, um Mobfox zu gründen. Es war viel Glück dabei, aber auch viel harte Arbeit: Ich war zwei Jahre lang bei Mobfox der Einzige, der für Technik zuständig war, bis wir dann einen CTO eingestell­t haben. Es hätte jederzeit etwas abstürzen können,

ZUR PERSON

Julian Zehetmayr (*1992) hat das Start-up Mo\fox gegründet, das Wer\ung für mo\ile Apps adaptiert. Vor zwei Jahren verkaufte er es an die Matomy Media Group, die für das Unternehme­n 17,6 Millionen Dollar in \ar und eigenen Aktien sowie einer performanc­ea\hängigen weiteren A\geltung zahlte. Zusammen mit seinem Bruder gründete Zehetmayr ein neues Unternehme­n: den Softwareen­twickler Apilayer. und es ist auch dauernd etwas abgestürzt. Es war ein andauernde­r Bereitscha­ftsdienst.

Wie ist das, wenn man Mitarbeite­r und plötzlich so viel Verantwort­ung hat? Das habe ich gar nicht so realisiert. Ich habe den ersten Mitarbeite­r eingestell­t, als es sich ausgegange­n ist. Es war nie an der Kippe vom Finanziell­en her.

Als Sie Mobfox verkauft haben, war da nicht ein bisschen Wehmut dabei? Ich war schon ein bisschen müde, weil ich lange Zeit wirklich alles gemacht habe von Marketing über Buchhaltun­g bis hin zum Programmie­ren. Es war auch ein gutes Angebot. Und ich wollte etwas Neues probieren. So schwierig war der Abschied nicht.

Wie ist das, wenn ein so hoher Betrag auf dem Konto eintrifft? Zuerst kommt da sehr viel weg, für den Steuerbera­ter, für den Anwalt. Teilweise wurde auch in Aktien gezahlt, die ich erst später verkaufen konnte. Aber natürlich war es viel, und ich habe gewusst, jetzt kann ich das Nächste, was ich mache, lockerer machen.

Man hört oft von Lottomilli­onären, die nach zwei Jahren wieder arm sind. Sehen Sie diese Gefahr für sich auch? Ich habe mir nie etwas Größeres gekauft. Das Einzige, das ich mir gekauft habe, war ein Porsche. Da hatte ich schon Profit gemacht und mir gedacht, ich fahre immer mit dem Taxi und zahle so viel im Monat, wie ich für ein Porsche-Leasing zahlen würde. Und auf Geschäftsr­eisen war ich schon immer in guten Hotels. Das Geld habe ich großteils in Immobilien investiert, um ein passives Einkommen aufzubauen. Ein Start-up-Investment habe ich auch gemacht. Das Geld ist eingeloggt. Nicht einmal, wenn ich wollte, könnte ich viel davon ausgeben.

Planen Sie mit der neuen Firma Apilayer auch einen so großen Exit? Zumindest habe ich nicht den Druck, das sofort zu tun. Ziel ist, es zuerst so groß wie möglich zu machen. Wenn man nur den Exit im Kopf hat, trifft man zu kurzfristi­ge Entscheidu­ngen. Mal sehen.

Wenn man keinen Druck hat, wie schwierig ist es, sich zu motivieren, etwas zu arbeiten? Als ich nach dem Verkauf zunächst noch bei Mobfox angestellt war, war die Motivation weg, weil es nicht mehr mir gehört hat und weil ich einen Chef hatte, der mir gesagt hat, was ich tun soll. Aber jetzt bin ich wieder sehr motiviert.

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