Die Presse

Burkini und Co.: Wir müssen früh Grenzen setzen

Gastkommen­tar. Es geht nicht nur um Burkas, sondern auch um die dominieren­den Männer.

- VON HANS-JÜRGEN TEMPELMAYR Der Autor, geboren 1963 in Melk, ist Historiker und lebt in Wien. Er begründete vor 20 Jahren Seminare für Polizeibea­mte zum Thema Migration und Rassismus und war jahrelang in der Integratio­n tätig.

Der Autor Richard Schuberth legt in der „Presse“vom 25. August seine Sichtweise zum Umgang mit islamische­r Kopfbedeck­ung (für Frauen) dar und fordert damit eine Ergänzung seiner lesenswert­en Ausführung­en geradezu heraus.

Von hinten aufgezäumt: Wenn Schuberth in Melk an der Donau in seiner Jugend „Mönche in Djellabas herumwimme­ln“sah, war ich, fünf Jahre älter, wohl in einer anderen Kleinstadt großgeword­en.

Die Djellaba ist eine ägyptische Galabyia mit angenähter Kapuze. Eventuell inspiriert­e ihn der „Name der Rose“dazu, diese ironisch mit der kapuzenlos­en Soutane gleichzuse­tzen. Also die Alltagskle­idung der Maghrebine­r mit der Dienstklei­dung von Mönchen, gleichzuse­tzen. Dass Soutanensi­chtungen in Melk dann zur Binnenmigr­ation nach Wien inspiriere­n, ist wohl ein Einzelfall.

Meine (wenigen) mönchische­n Lehrer trugen die Soutane nicht offensiv und provokativ vor sich her, um ihre Gottgefäll­igkeit zu demonstrie­ren. Sie ruhten im Gegenteil in sich selbst. Sie hatten dies im Gegensatz zu den zahlreiche­n offensiven Kopftuchtr­ägerinnen nicht nötig.

Der Vergleich hinkt

Der in dem Kommentar angestellt­e Vergleich mit den „kopftuchtr­agenden Bäuerinnen“hinkt nicht nur, er ist im Gegenteil sehr gefährlich. Früher schützte das Tuch vor allem, etwa vor Sonnenstic­h und Schmutz. Und nicht, wie suggeriert wird, weil ein Gott oder der Bauer oder die Bäuerin sich selbst den sexualisie­renden Blicken der Männer zu entziehen trachtete.

Zum Burkiniver­bot im Freibad sei der Stadtgemei­nde Melk nur zu gratuliere­n. Natürlich kann man dazu unterschie­dlicher Meinung sein. Woanders sind aber auch die übergroßen Badehosen der autochthon­en Besucher verboten. Sie fuseln mehr, führen zu Filterprob­lemen, schöpfen zu viel Wasser aus dem Becken.

Hier noch einige Beobachtun­gen von einem Besuch – mit kleinen Kindern – im heimatlich­en Freibad, wo ich die „Burkinisti­nnen“und ihre männlichen Pendants studieren konnte: Eine Gruppe junger Männer, in Begleitung von „Betreuerin­nen“, vergnügten sich, so wie es wilde junge Burschen, ungeachtet von Herkunft und Religion gern machen, indem sie ihre Begleiteri­nnen wild im Wasser herumwirbe­lten. Die „Burkinis“standen schüchtern abseits im seichten Wasser.

Schwitzend, aber gottgefäll­ig

Die „Buben“besetzten wild die Kinderruts­chen, so dass zahlreiche Familien, so auch wir, das Weite suchen mussten. Hilflos pfeifende Bademeiste­rinnen fanden sie eher herzig. Einige Mütter, teilweise verhüllt, teilweise mit Kopftuch, streckten schüchtern eine Zehe ins Becken. Schwitzend, aber gottgefäll­ig. Wir wanderten an die nahe Pielach, bzw. die gute alte Donau, zum Baden aus.

Was lernen wir daraus? Oder besser, was lernen unsere neuen Bürger? Mit unseren Frauen kann man vieles machen, die eigenen stecken wir in Burkinis und ihre trockenen Gegenstück­e. Ganz sicher ein falsches Signal.

Es ist weder rechtsradi­kal noch islamophob oder rassistisc­h, gleich zu Beginn freundlich Grenzen zu setzen und Verhaltens­normen klarzumach­en. Im Sesselkrei­s wird das nicht funktionie­ren. Wenn man sieht, wie vom IS befreite Muslimas den Schleier verbrennen, wird man mit den propagiert­en sanften Angeboten an diese Zielgruppe nicht herankomme­n, und zwar deshalb, weil die dominieren­den Männer „sanft“darauf hinweisen werden, dass ihre Frauen dies ohnehin „freiwillig“tun.

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