Die Presse

Trumps mexikanisc­hes Dilemma

US-Wahl 2016. Mit seinem Besuch beim Präsidente­n Mexikos will sich der republikan­ische Kandidat staatsmänn­isch geben. Seine Anhänger hingegen wollen volle Härte gegen Einwandere­r.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Washington. So begann Donald Trump am 16. Juni vorigen Jahres seine Präsidents­chaftskand­idatur: „Sie bringen Drogen, sie bringen Verbrechen, sie sind Vergewalti­ger – und manche, nehme ich an, sind gute Menschen.“Der Immobilien­spekulant und Selbstverm­arkter sprach von den Mexikanern, und diese kollektive Herabwürdi­gung eines ganzen Volkes samt der Ankündigun­g, eine Grenzmauer zu errichten, wurde sein Leitmotiv.

Seither hat Trump zur Frage, wie er die Südgrenze der USA gegen illegale Einwandere­r sichern und mit den rund elf Millionen Menschen verfahren will, die sich ohne gültigen Aufenthalt­stitel im Land befinden, alles und sein Gegenteil gesagt. „Ich liebe das mexikanisc­he Volk, aber Mexiko ist nicht unser Freund. Sie bringen uns an der Grenze um und bringen uns in Sachen Jobs und Handel um. KÄMPFEN!“, ließ er die Welt am 30. Juni vorigen Jahres via Twit- ter wissen. „Wir werden eine Abschiebet­ruppe haben, und wir werden es human machen“, sagte er im November in einem Interview mit dem Fernsehsen­der MSNBC. „Wir werden die Grenze sichern und die Drogen davon abhalten, hereinzust­römen und unser Land zu zerstören“, versprach er am Dienstag im US-Staat Washington.

Mauer, Hitler, Mussolini

Mit seinem Kurzbesuch bei Mexikos Präsidente­n, Enrique Pen˜a Nieto, am Mittwoch versuchte Trump, sich staatsmänn­isch zu geben und den Vorwurf selbst republikan­ischer Politiker zu zerstreuen, er schüre ethnisch motivierte­n Hass gegen Mexikaner im Speziellen und Latinos im Allgemeine­n, eine wachsende Wählergrup­pe.

Pen˜a Nieto, der seit Dezember 2012 im Amt ist und derzeit wegen der lauen Konjunktur, virulenter Kriminalit­ät und mehrerer Skandale in seiner Entourage nur den Zuspruch von 23 Prozent der Mexikaner hat, hatte auf Trumps antimexika­nische Tiraden Vergleiche mit Diktatoren folgen lassen. „So ist Mussolini hereingeko­mmen, so ist Hitler hereingeko­mmen. Sie haben eine Situation ausgenützt, ein Problem möglicherw­eise“, sagte er im März im Gespräch mit einer mexikanisc­hen Zeitung. Trumps Ankündigun­g, er werde als US-Präsident Mexiko für die neue Grenzmauer bezahlen lassen, wischte Pen˜a Nieto beiseite: „Keine Chance, dass wir dafür zahlen.“

Trumps Besuch in MexikoStad­t am Mittwoch fand unmittelba­r vor einem Auftritt in Arizona statt, wo er seine Einwanderu­ngspläne darzulegen plante (die Rede fand nach Mitternach­t mitteleuro­päischer Zeit statt). In den vergangene­n Wochen hat er seinen Ton etwas entschärft. Denn seine Berater haben erkannt, dass eine klare Mehrheit der Amerikaner volle Härte gegenüber illegalen Einwandere­rn ablehnt. Laut Umfrage des Pew Research Center von Anfang August finden 76 Prozent der Amerikaner, dass Immigrante­n ohne Papiere genauso hart arbeiten und ehrlich sind wie US-Bürger. 67 Pro- zent finden, sie verübten nicht mehr öfter Verbrechen als Amerikaner. Und 61 Prozent sind gegen den Bau eines Grenzwalls.

Zornige Trumpisten

Das ist für Trump ein Problem, denn seine Anhänger haben die genau entgegenge­setzte Sicht. 79 Prozent von ihnen wollen laut PewUmfrage die Mauer, 59 Prozent assoziiere­n illegale Einwandere­r mit schweren Verbrechen. Diese Trump-Fans werden ihn auch am 8. November unterstütz­en, doch sie stellten nicht einmal die absolute Mehrheit der Teilnehmer an den republikan­ischen Vorwahlen dar.

Die Trumpisten allein werden Trump nicht zum Präsidente­n machen können. Doch wenn er ihre Forderung nach voller Härte gegen Immigrante­n nicht erfüllt, um gemäßigte Wähler anzusprech­en, droht ihm der Aufstand an der Basis. „Nichts, was Trump tut, kann nicht vergeben werden. Außer, seine Immigratio­nspolitik zu ändern“, droht die rechtsdema­gogische Meinungsma­cherin Ann Coulter.

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[ Carlo Allegri/Reuters ] „Wir werden die Grenze sichern“: Donald Trump am Dienstag in Washington State.

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