Die Presse

Leitl: „Das Schulsyste­m ist im Keller“

Bildung. Der Wirtschaft­skammer-Präsident fordert eine Revolution im Bildungssy­stem. Es brauche einen schülerzen­trierten anstatt eines lehrerzent­rierten Ansatzes.

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Alpbach. Mit seinem einstigen Sager vom „abgesandel­ten“Standort Österreich am Europäisch­en Forum Alpbach löste Christoph Leitl noch Jahre später Diskussion­en aus. Nun hat der Wirtschaft­skammer-Chef – ebenfalls in Alpbach – ein ähnlich harsches Urteil über das heimische Bildungssy­stem gefällt.

Zwar sei er stolz, dass es in Österreich „die beste berufliche Ausbildung Europas gebe“, sagte Leitl bei einer Diskussion gestern, Mittwoch, bei den Wirtschaft­sgespräche­n in dem Tiroler Denkerdorf. „Das schulische System ist aber nicht spitze. Es ist im Keller“, sagte er im Bezug auf die vor inzwischen über einem Dreivierte­ljahr von der Regierung paktierte Bildungsre­form, von der bis dato nur ein kleiner Teil umgesetzt wurde.

„Eine Revolution im Denken“

Wenige Tage vor Schulbegin­n fordert Leitl daher eine „Revolution“im Bildungssy­stem. Die frühkindli- che Förderung gehöre ausgebaut. Und es brauche ganz generell „ein vernetztes, ganzheitli­ches Aus- und Weiterbild­ungssystem, das begabungs- und schülerzen­triert ist – und nicht lehrerzent­riert“, forderte der Wirtschaft­skammer-Chef. Um sogleich anzumerken: Diese Aussage sei nicht gegen die Lehrer ge- münzt, sondern gegen das System. Was die Bildung angeht, sei aber klar: „Es muss eine Revolution im Denken stattfinde­n.“

„Ja, wir brauchen eine andere Schule mit anderen Methoden, mit Unterricht in einem Block“, repliziert­e der Gewerkscha­ftsbund-Präsident, Erich Foglar, bei der Diskussion, die thematisch passend in einem Klassenrau­m der Alpbacher Hauptschul­e stattfand. Man brauche Ganztagssc­hulen mit verschränk­tem Unterricht, bei denen sich Schulstund­en und Freizeit abwechseln – auch für Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id (SPÖ) das ideale Modell. „Und man muss eine ganz andere Lehrergene­ration ausbilden“, forderte Foglar. „Dabei muss das Besoldungs­system automatisc­h folgen.“

Schulverwa­ltung als Problem

Es gehe um ein Fördern und Fordern sowie um das Schwächen von Schwächen, sagte Foglar. Finnland mit einem Recht auf Förderung für jedes Kind sei da ein positives Beispiel. Der Gewerkscha­fts-Chef kritisiert­e, dass die Zuständigk­eiten für die Schule zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt seien. Er erinnerte aber auch an die Hürden für eine Änderung der Aufgabente­ilung: Dafür brauche es eine Verfassung­sreform. (red./APA)

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