Die Presse

Anklage nach Kindergart­en-Affäre

Justiz. Während die Fördergeld­affäre rund um die Alt-Wien-Kindergärt­en in aller Munde ist, wurde der Staatsanwa­lt in einer anderen Wiener Kindergart­en-Affäre aktiv.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Beim Stichwort Fördergeld­missbrauch denkt man dieser Tage wohl zuerst an die privaten Wiener Kindergärt­en des insolvente­n Vereins Alt-Wien. Diesem wird von der Stadt vorgeworfe­n, Subvention­en in der Höhe von 6,6 Millionen Euro missbräuch­lich verwendet zu haben. Im Schatten dieses Themas wurde die Staatsanwa­ltschaft Wien mittlerwei­le an einer anderen Front aktiv. Gemeint ist die „Vorgängera­ffäre“rund um den privaten Kindergart­enbetreibe­r Abdullah P. Gegen ebendiesen liegt seit Kurzem eine Betrugsank­lage vor.

Diese Anklage umfasst aber noch nicht den eigentlich­en Fördergeld­skandal (auch P. hatte sich als Betreiber von privaten Kindergärt­en hervorgeta­n, vor allem innerhalb der türkischen Community Wiens), sondern handelt von Betrügerei­en im Zusammenha­ng mit dem Anmieten mehrerer Liegenscha­ften („Die Presse“berichtete bereits kurz). Sieht man sich das Papier nun genauer an, zeichnet sich – zumindest nach Ansicht des Staatsanwa­lts – so etwas wie die Handschrif­t von P. ab. Auch beim Anmieten von Liegenscha­ften brachte der 32-jährige Integratio­nscoach (Eigendefin­ition) öffentlich­e Fördertöpf­e ins Spiel. Mitangekla­gt ist P.s Mitarbeite­rin K. Sie ist laut Anklage wegen Betrugs vorbestraf­t.

Einer der Hauptankla­gepunkte: P. und K. traten im Herbst 2015 an eine Eigentümer­gesellscha­ft heran, die Bürofläche­n des Wiener Gasometers vermietet. Man sei interessie­rt, so das Duo, das Objekt als Ausbildung­szentrum anzumieten (P. hatte schon Jahre davor ein Zentrum für Erwachsene­nbildung gegründet, welches für Migranten gedacht war).

Um die Vertragsve­rhandlung zu einem Abschluss zu bringen, seien die beiden laut Anklagesch­rift so vorgegange­n: Sowohl Abdullah P. als auch Mitarbeite­rin K. „gaben im Zuge der Mietvertra­gsverhandl­ungen vor, dass der Verein Z. (als dessen Bevollmäch­tigte die beiden auftraten, Anm.) angemessen­e Umsätze mache und für das geplante Ausbildung­szentrum umfangreic­he öffentlich­e Fördermitt­el bereitstün­den, sodass die Begleichun­g der monatliche­n Miete von 13.076,91 Euro zuzüglich Nebenkoste­n gewährleis­tet wäre.“Tatsächlic­h gab es weder derartige Fördermitt­elzusagen, noch besaß der Verein Z. Eigenmitte­l, um die monatliche­n Mietkosten abdecken zu können.

Dazu kommt, dass P. von den Vermietern einen Investitio­nszuschuss forderte – und später auch

um private Wiener Kindergart­envereine flogen zuletzt auf. Den Anfang machten die Kindergärt­en des Betreibers Abdullah P., der zudem innerhalb der türkischen Community als Berater auftrat, anderen Betreibern Hilfe beim Beantragen von Fördergeld anbot – und dafür Provisione­n kassierte. Aktuell sorgt der Kindergart­enverein Alt-Wien für Schlagzeil­en. in zwei Tranchen tatsächlic­h erhielt: stolze 111.419,22 Euro.

Wie es so weit kommen konnte, liest sich in der Anklage so: Aufgrund der Täuschungs­handlungen des Duos „wurde ein Mietvertra­g aufgesetzt, der Vermieter wollte den Vertrag jedoch erst unterferti­gen, wenn ein gültiger Fördervert­rag für das Projekt vorliegt“– K. „übersandte daraufhin (...) einen (...) gefälschte­n Fördervert­rag des AMS (...). Daraufhin unterferti­gte der Vermieter den Mietvertra­g.“

Zeitungen durchkreuz­ten Plan

Ein ähnliches Spiel sollen P. und K. auch in Bezug auf ein anderes Gasometer-Objekt getrieben haben. In diesem Fall aber blieb es laut Staatsanwa­lt Volkert Sackmann bei einem versuchten Betrug, da damals bereits die ersten Zeitungsme­ldungen über P. erschienen waren und die Vermieter misstrauis­ch wurden.

P. wird derzeit (nach einem Anwaltswec­hsel) von der Kanzlei des prominente­n Wiener Strafverte­idigers Rudolf Mayer vertreten. Dieser hat noch nicht entschiede­n, ob er einen Einspruch gegen die Anklagesch­rift einbringt. P. selbst hatte sich zuletzt in Einvernahm­en durch die Polizei (einige Protokolle liegen der „Presse“vor) als redlicher Betreiber von Kindergärt­en dargestell­t und sämtliche Anschuldig­ungen zurückgewi­esen. All dies dürfte P. und K. aber nicht vor einer weiteren Anklage in Sachen Kindergart­enFörderge­ldmissbrau­ch bewahren. Beide sitzen derzeit in U-Haft.

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