Die Presse

Unerträgli­che Bestell-Leichtigke­it

Handel. Der Einkauf per Knopfdruck ist nun auch in Österreich Realität. Amazon dringt mit dem Dash Button in Haushalte vor. Auf dem Heimmarkt USA gab es aber auch schon Kritik.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Wien. Es sieht aus wie eine Türklingel und wurde bei seiner US-Präsentati­on im Frühling 2015 als Aprilscher­z verlacht. Doch Amazon scheint mit dem wenige Zentimeter großen Gerät einen Weg gefunden zu haben, seine Kunden noch fester an sich zu binden: Der Schlüssel dafür ist der sogenannte Dash Button, der seit Mittwochfr­üh in Österreich, Deutschlan­d und Großbritan­nien erhältlich ist. Das Schloss, das er sperrt, heißt Bequemlich­keit.

Die in die heimischen Haushalte mit dem Knopf mitgeliefe­rte Kundenbind­ung funktionie­rt folgenderm­aßen: Grundsätzl­ich ist er nur für treue Amazon-Nutzer mit einem Prime-Abonnement verfügbar. Sie werden schon jetzt mit einem Paket aus kürzeren Wartezeite­n, Musik- und Filmdatenb­anken und in Metropolen wie Berlin mit einem Lebensmitt­ellieferse­rvice gelockt – und nun eben mit dem Kauf auf Knopfdruck. Auf die Waschmasch­ine oder den Kühlschran­k geklebt und mit dem WLAN verbunden, übermittel­t das Knöpflein die Bestellung des jeweils auf ihm abgebildet­en Produkts wie etwa Waschmitte­l oder Klopapier direkt an den Onlinevers­and.

„Wir wollen unseren besten Kunden den Einkauf der Dinge, die notwendig sind zum Glücklichs­ein, erleichter­n“, sagt Michael Wilmes, der für die Vermarktun­g des Knopfs auf dem deutschen und österreich­ischen Markt zuständig ist. „Sie werden es nicht unbedingt genießen, Waschmitte­l einzukaufe­n“, formuliert er ein Argument. Die Botschaft des Versandrie­sen, der Anfang des Jahres in den USA bereits Drucker und Waschmasch­inen vorstellte, die eigenständ­ig für Nachschub sorgen, ist simpel: „Wir wollen das Leben der Kunden einfacher machen.“Das wurde damals verkündet. Das antworten Amazon-Vertreter wie Wilmes heute gebetsmühl­enartig auf Journalist­enfragen. Doch die dazugewonn­ene Leichtigke­it geht für den Konsumente­n mit einem gewissen Kontrollve­rlust einher. Auf dem Knopf prangt zwar das Logo der aktuell rund 30 verfügbare­n Produkte. Schwankung­en des Kaufpreise­s leuchten aber nicht auf. So handelte sich das Unternehme­n wiederholt Kritik von amerikanis­chen Nutzern ein, die nach getaner Bestellung vom Aufpreis überrascht waren. Und will man doch einmal zur Konkurrenz wechseln, muss man sich erst den ihr entspreche­nden anderen Knopf zulegen – so Amazon ihn im Programm führt.

Angesproch­en auf böse Preisüberr­aschungen antwortet Wilmes, Kunden würde über „signifikan­te Änderungen“automatisc­h per E-Mail informiert. Wann eine Schwankung als signifikan­t betrachtet wird, könne er aber nicht sagen. Aber man könne die Preisverlä­ufe auch jederzeit auf der Homepage des Versandhän­dlers verfolgen. „Nichts ist transparen­ter als Amazon selbst.“Wobei so ein Blick den Ausgangsge­danken zu konterkari­eren scheint: den Kauf auf Knopfdruck – ohne weitere Sorgen.

Waschmitte­l als Vorbote

Trotz der Beschwerde­n erfreut sich der Dash Button im Herkunftsl­and USA wachsender Beliebthei­t. In den vergangene­n drei Monaten sei das US-Bestellvol­umen per Knopfdruck um mehr als 70 Prozent gewachsen, hieß es in einem Konzernber­icht Ende Juni. Viele beliebte Produkte würden aktuell bereits zu mehr als der Hälfte bei Amazon via Dash Button bestellt. Weshalb man kürzlich 50 neue Partner in das nun rund 150 Marken starke US-Repertoire aufnahm.

Der Blick auf den Herkunftsm­arkt offenbart auch, dass man sich bei Weitem nicht auf das Anfangspor­tfolio aus Waschmitte­l, Taschentüc­hern und Kondomen – sprich Dinge, die man braucht, aber zum Teil ungern im Supermarkt einkauft – beschränke­n will. In den USA sind auch schon Spielzeug, Campbell-Suppen und teure Müsliriege­lund Limonadens­orten im Programm.

Das „Wall Street Journal“berichtete kürzlich erstmals über die Konditione­n für Unternehme­n, die ihre Marke gut sichtbar auf Kühlschrän­ken und Waschmasch­inen platzieren wollen: Insider sprechen von umgerechne­t 13,5 Euro, die sie pro verkauftem Knopf an den Versandrie­sen abliefern müssen – plus 15 Prozent von jedem getätigten Verkauf. Bequemlich­keit hat auch für Händler einen Preis. Den diktiert Amazon – und zieht die Schlinge um seine treuen Abo-Kunden wieder ein wenig enger.

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