Unerträgliche Bestell-Leichtigkeit
Handel. Der Einkauf per Knopfdruck ist nun auch in Österreich Realität. Amazon dringt mit dem Dash Button in Haushalte vor. Auf dem Heimmarkt USA gab es aber auch schon Kritik.
Wien. Es sieht aus wie eine Türklingel und wurde bei seiner US-Präsentation im Frühling 2015 als Aprilscherz verlacht. Doch Amazon scheint mit dem wenige Zentimeter großen Gerät einen Weg gefunden zu haben, seine Kunden noch fester an sich zu binden: Der Schlüssel dafür ist der sogenannte Dash Button, der seit Mittwochfrüh in Österreich, Deutschland und Großbritannien erhältlich ist. Das Schloss, das er sperrt, heißt Bequemlichkeit.
Die in die heimischen Haushalte mit dem Knopf mitgelieferte Kundenbindung funktioniert folgendermaßen: Grundsätzlich ist er nur für treue Amazon-Nutzer mit einem Prime-Abonnement verfügbar. Sie werden schon jetzt mit einem Paket aus kürzeren Wartezeiten, Musik- und Filmdatenbanken und in Metropolen wie Berlin mit einem Lebensmittellieferservice gelockt – und nun eben mit dem Kauf auf Knopfdruck. Auf die Waschmaschine oder den Kühlschrank geklebt und mit dem WLAN verbunden, übermittelt das Knöpflein die Bestellung des jeweils auf ihm abgebildeten Produkts wie etwa Waschmittel oder Klopapier direkt an den Onlineversand.
„Wir wollen unseren besten Kunden den Einkauf der Dinge, die notwendig sind zum Glücklichsein, erleichtern“, sagt Michael Wilmes, der für die Vermarktung des Knopfs auf dem deutschen und österreichischen Markt zuständig ist. „Sie werden es nicht unbedingt genießen, Waschmittel einzukaufen“, formuliert er ein Argument. Die Botschaft des Versandriesen, der Anfang des Jahres in den USA bereits Drucker und Waschmaschinen vorstellte, die eigenständig für Nachschub sorgen, ist simpel: „Wir wollen das Leben der Kunden einfacher machen.“Das wurde damals verkündet. Das antworten Amazon-Vertreter wie Wilmes heute gebetsmühlenartig auf Journalistenfragen. Doch die dazugewonnene Leichtigkeit geht für den Konsumenten mit einem gewissen Kontrollverlust einher. Auf dem Knopf prangt zwar das Logo der aktuell rund 30 verfügbaren Produkte. Schwankungen des Kaufpreises leuchten aber nicht auf. So handelte sich das Unternehmen wiederholt Kritik von amerikanischen Nutzern ein, die nach getaner Bestellung vom Aufpreis überrascht waren. Und will man doch einmal zur Konkurrenz wechseln, muss man sich erst den ihr entsprechenden anderen Knopf zulegen – so Amazon ihn im Programm führt.
Angesprochen auf böse Preisüberraschungen antwortet Wilmes, Kunden würde über „signifikante Änderungen“automatisch per E-Mail informiert. Wann eine Schwankung als signifikant betrachtet wird, könne er aber nicht sagen. Aber man könne die Preisverläufe auch jederzeit auf der Homepage des Versandhändlers verfolgen. „Nichts ist transparenter als Amazon selbst.“Wobei so ein Blick den Ausgangsgedanken zu konterkarieren scheint: den Kauf auf Knopfdruck – ohne weitere Sorgen.
Waschmittel als Vorbote
Trotz der Beschwerden erfreut sich der Dash Button im Herkunftsland USA wachsender Beliebtheit. In den vergangenen drei Monaten sei das US-Bestellvolumen per Knopfdruck um mehr als 70 Prozent gewachsen, hieß es in einem Konzernbericht Ende Juni. Viele beliebte Produkte würden aktuell bereits zu mehr als der Hälfte bei Amazon via Dash Button bestellt. Weshalb man kürzlich 50 neue Partner in das nun rund 150 Marken starke US-Repertoire aufnahm.
Der Blick auf den Herkunftsmarkt offenbart auch, dass man sich bei Weitem nicht auf das Anfangsportfolio aus Waschmittel, Taschentüchern und Kondomen – sprich Dinge, die man braucht, aber zum Teil ungern im Supermarkt einkauft – beschränken will. In den USA sind auch schon Spielzeug, Campbell-Suppen und teure Müsliriegelund Limonadensorten im Programm.
Das „Wall Street Journal“berichtete kürzlich erstmals über die Konditionen für Unternehmen, die ihre Marke gut sichtbar auf Kühlschränken und Waschmaschinen platzieren wollen: Insider sprechen von umgerechnet 13,5 Euro, die sie pro verkauftem Knopf an den Versandriesen abliefern müssen – plus 15 Prozent von jedem getätigten Verkauf. Bequemlichkeit hat auch für Händler einen Preis. Den diktiert Amazon – und zieht die Schlinge um seine treuen Abo-Kunden wieder ein wenig enger.