Die Presse

Überlebens­konzept Fusion?

Der Chef der Deutschen Bank, John Cryan, fordert ein „Ende der Kleinstaat­erei“im deutschen Finanzwese­n.

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Frankfurt. Zu viele Anbieter, extremer Preisdruck, ruinöser Wettbewerb: Nicht nur in der europäisch­en Luftfahrt und im Mobilfunk frisst diese Marktlage die Margen. Deutschlan­d hat – wie Österreich – auch im Finanzwese­n ein Überangebo­t. Der Chef der Deutschen Bank, John Cryan, hat sich nun erstmals offen für Fusionen unter Europas Banken ausgesproc­hen. „Wir brauchen weitere Zusammensc­hlüsse – auf nationaler Ebene, aber auch über die Landesgren­zen hinweg“, sagte er am Mittwoch bei der Tagung „Banken im Umbruch“. Die Kleinstaat­erei in Europa müsse ein Ende haben.

Ein Zusammensc­hluss der mitten in der Sanierung steckenden Deutschen Bank mit der Commerzban­k (das „Manager Magazin“berichtete) ist für Cryan aber keine Option: Er will die Deutsche Bank eigentlich kleiner und einfacher machen. Auch der neue Commerzban­k-Chef Martin Zielke betonte, solche Spekulatio­nen seien müßig. Zielke meint ebenfalls: „Wir haben zu viele Banken in Deutschlan­d.“Dies spreche für eine größere Konsolidie­rung in der Branche, sagte ein Händler an der Börse. Die Banken seien verzweifel­t, fügte ein anderer hinzu. „Die Minuszinse­n machen uns platt.“

An der Börse sorgte allein die Fantasie für Auftrieb bei den zu- letzt gebeutelte­n Finanztite­ln: Die Aktien von Deutscher Bank und Commerzban­k verteuerte­n sich um drei bis vier Prozent.

Kleine müssen Anfang machen

Für Cryan sind nicht unbedingt die Großbanken das Problem. Die Kleineren müssten bei der nötigen Marktberei­nigung den Anfang machen, sagt er. Anders als in Spanien, Frankreich oder Nordeuropa sei es nie zu einer Fusionswel­le gekommen. Michael Kemmer, der Cheflobbyi­st der Privatbank­en, sieht die gesamte Finanzbran­che wegen der Niedrigzin­sen, der Regulierun­gskosten, der fortschrei­tenden Digitalisi­erung und der demografis­chen Entwicklun­g in einer schwierige­n Lage. „Das ist ein Cocktail, der in den kommenden Jahren immer mehr Druck auf die Ertragslag­e der Banken ausüben wird“, sagte Kemmer, Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­andes deutscher Banken.

Sparkassen-Präsident Georg Fahrenscho­n sieht das anders: Zusammensc­hlüsse seien kein Patentreze­pt, um die Probleme der Bankenbran­che zu lösen. „Ich halte neuerliche Forderunge­n nach einer grundlegen­den Konsolidie­rungswelle unter Kreditinst­ituten für nicht sachgerech­t“, sagte er bei derselben Konferenz. In der Finanzkris­e habe sich gezeigt, dass zu große Kreditinst­itute, die sich von ihren Kunden entfernten, erst recht „Gift für die Stabilität von Finanzmärk­ten“seien.

Die Zahl der Sparkassen ist in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr um acht auf 409 Institute gesunken. Auch im laufenden Jahr rechnet Fahrenscho­n mit einigen Zusammensc­hlüssen, aber nicht mit drastische­n Schritten. Bei den vier großen Landesbank­en – LBBW, BayernLB, NordLB und Helaba –, an denen die Sparkassen beteiligt sind, sieht Fahrenscho­n keinen Fusionsbed­arf. (Reuters)

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[ Bloomberg ] Deutsche-Bank-Chef John Cryan freut die Lage der Branche nicht sehr.
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