Die Presse

Hypo: Zahmer Bericht

U-Ausschuss. Fraktionen kritisiere­n die Vorarbeit des Verfahrens­anwaltes: In seinem Entwurf für einen Schlussber­icht würden Bewertunge­n der politische­n Verantwort­ung weitgehend fehlen.

- VON MARTIN FRITZL

Die Fraktionen kritisiere­n die Vorarbeite­n für den Abschlussb­ericht zum Hypo-U-Ausschuss.

Wien. Erstmals hat der Verfahrens­richter in einem Untersuchu­ngsausschu­ss nach den neuen Regeln einen Endbericht vorgelegt. Auf große Begeisteru­ng ist Hypo-Verfahrens­richter Walter Pilgermair zumindest bei der Opposition jedoch nicht gestoßen: Den meisten ist sein 507 Seiten dickes Konvolut zu zurückhalt­end. Bis Dienstag nächster Woche haben die Parteien nun Zeit, ihren eigenen Fraktionsb­ericht vorzulegen.

Für Neos- Mandatar Rainer Hable ist der vorgelegte Bericht „sehr lückenhaft“. Ganze Bereiche, die im U-Ausschuss des Nationalra­ts monatelang untersucht wurden, würden darin komplett fehlen – beispielsw­eise die Frage, ob die Strafverfo­lgung durch die Justiz funktionie­rt hat. Auch die Rolle Liechtenst­eins bei der Verschleie­rung von Zahlungsfl­üssen komme in dem vom Verfahrens­anwalt vorgelegte­n Papier nicht vor.

Ganz allgemein stört den Abgeordnet­en der Neos aber, dass sich der Bericht über weite Strecken auf eine Aneinander­reihung von selektiv ausgewählt­en Geschehnis­sen beschränkt, während eine Bewertung derselben praktisch nicht stattfinde­t. Genau das solle aber der Kern eines derartigen Berichtes sein: Er müsse die untersucht­en Sachverhal­te werten.

Auch die FPÖ kritisiert, dass die politische Verantwort­ung nicht festgemach­t wird. Und in den wenigen Bereichen, in denen dies passiert, sieht Fraktionsf­ührer Erwin Angerer das Ergebnis kritisch: Dass der mittlerwei­le verstorben­e langjährig­e FPÖ-Chef und Kärntner Landeshaup­tmann Jörg Haider für die Fehlentwic­klung in der ehemaligen Landesbank persönlich verantwort­lich gemacht wird, sei durch die Untersuchu­ngen nicht gedeckt.

„Das ist durch nichts belegbar, es gibt kein Dokument, das Haider persönlich belastet“, sagt Angerer zur „Presse“. Wohl aber habe es im Gegensatz dazu bei Maria Fekter und Josef Pröll, beide ÖVP-Politiker und frühere Finanzmini­ster, derartige Dokumente gegeben – da mache der Bericht aber keine persönlich­e Verantwort­ung fest.

Hoffen auf Nachschärf­ung

Generell weniger kritisch sieht der Fraktionsf­ührer der Frünen, Werner Kogler, die Arbeit des Verfahrens­richters. „Man muss seine Schwierigk­eiten berücksich­tigen“, erklärt Kogler im Gespräch mit der „Presse“. Pilgermair sei damit konfrontie­rt gewesen, dass die Fraktionen des Nationalra­ts mit ziemlich un- terschiedl­ichen Untersuchu­ngsansätze­n an die Arbeit herangegan­gen seien und daher auch ein sehr heterogene­s Material zustande gekommen sei. „Pilgermair wollte es diplomatis­ch machen und vieles offen lassen.“

Aber auch Kogler hätte sich mehr Bewertunge­n gewünscht, vor allem in dem Kapitel, das sich mit der Phase nach der Notverstaa­tlichung der Bank befasst. Da beinhalte der U-Ausschuss-Bericht nur noch eine kommentarl­ose Aneinander­reihung von Geschehnis­sen. „Vielleicht überarbeit­et Pilgermair seinen Entwurf noch einmal“, hofft der Grüne.

Dezidiert nicht zufrieden ist Kogler hingegen mit einem Bereich, in dem Pilgermair dann sehr wohl Wertungen vorgenomme­n hat: Bei der Notverstaa­tlichung äußert der Verfahrens­richter beispielsw­eise die Ansicht, dass dem damaligen Finanzmini­ster, Josef Pröll, kein Vorwurf zu machen ist, wohl aber seinen Beratern aus Nationalba­nk, Finanzmark­taufsicht und Ministeriu­m. Diese hätten den Ressortche­f schlecht auf die Pläne der Bayern und die mögliche Strategie vorbereite­t.

Josef Pröll im Visier

Der grüne Abgeordnet­e Kogler kann diese Argumentat­ion nach eigenen Angaben nicht nachvollzi­ehen. Denn der Finanzmini­ster habe sehr wohl wissen müssen, dass die Berater – etwa jene der Nationalba­nk – schon im Vorfeld Fehler bei der Hypo gemacht und damit quasi ein Eigeninter­esse gehabt hätten. Deshalb hätte sich der damalige Finanzmini­ster Pröll auch nicht voll auf diese Berater verlassen dürfen.

Außerdem, fügt Kogler hinzu, müsse es dort Kritik an Pröll geben, wo dieser persönlich eingegriff­en hat: Bei der Erteilung des Partizipat­ionskapita­ls und beim Verzicht auf die Gewährleis­tung in der Nacht der Notverstaa­tlichung.

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[ Gruber / picturedes­k.com ] Der Tiroler Jurist Walter Pilgermair steht als Verfahrens­richter des U-Ausschusse­s mit seinem Hypo-Bericht derzeit im Zentrum des Interesses – und der Kritik.

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