Die Presse

„Es herrscht wenig Wille zur Umsetzung“

Gesundheit­swesen. Hauptverba­ndschefin Ulrike Rabmer-Koller geht es bei Reformen und Effizienzs­teigerunge­n – auch im eigenen Haus – zu langsam.

- VON HANNA KORDIK

Alpbach. Neun Monate ist es her, dass Ulrike Rabmer-Koller an der Spitze des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger Peter McDonald nachfolgte. Ihr „erster“Eindruck? „Mir war bewusst, dass es viele Player, also viele verschiede­ne Interessen­slagen gibt“, sagt sie. „Und mir war auch bewusst, dass gewisse Änderungen längere Zeit in Anspruch nehmen.“Trotzdem folgte rasch die Ernüchteru­ng und Rabmer-Koller musste erkennen: „Es herrscht wenig gemeinsame­r Umsetzungs­wille.“

Rabmer-Koller urgiert also die Umsetzung der Gesundheit­sreform. Wohlgemerk­t: einer Reform, die bereits 2013 beschlosse­n wurde. „Es muss allen bewusst werden“, sagt sie, „dass wir mehr Effizienz im Gesundheit­ssystem brauchen.“Doch es gebe „keine einheitlic­he Richtung“. Ist das auch als Kritik an der streitbare­n Ärztekamme­r zu verstehen? „Es gibt viele Player, die sich nicht bewegen wollen“, sagt sie, „auch die Ärztekamme­r. Da befinden sich einige handelnde Personen im Wahlkampf. Dabei bräuchten wir bei allen Entscheidu­ngen nur die Patienten in den Mittelpunk­t zu stellen.“Bei der dringend erforderli­chen Digitalisi­erung des Gesundheit­swesens gebe es immer wieder eine „enorme Blockadeha­ltung“. Rabmer-Koller: „Wir können Digitalisi­erung nicht aufhalten und müssen e-Health im Sinne von mehr Patientens­icherheit viel schneller vorantreib­en.“

Bei Effizienz einen Zahn zulegen

Rabmer-Koller fordert allerdings auch Reformen quasi im eigenen Haus: Sie macht sich für mehr Effizienz im System der Sozialvers­icherungen stark. Anfang Juli hat der Ministerra­t beschlosse­n, dass dazu eine Effizienzs­tudie in Auftrag gegeben werden soll. Nächste Woche soll es endlich so weit sein: Das Sozialmini­sterium, das bereits Angebote eingeholt hat, wird den Zuschlag erteilen. „Wir brauchen ein modernes und effiziente­s System“, sagt Rabmer-Koller, und das müsse auch „ideologief­rei“erarbeitet werden. Nur: Die Studie soll bis Ende des ersten Quartals 2017 fertiggest­ellt sein. „Ich hätte mir gewünscht, dass es schon im Herbst Ergebnisse gibt“, sagt die Hauptverba­ndschefin. Und: „Ich habe mir da schon mehr Engagement von der Regierung erhofft.“

Rabmer-Koller: „Ich sehe es als meine Verpflicht­ung, dass wir mit dem zur Verfügung stehenden Geld sorgsam und effizient umgehen.“Für das österreich­ische Gesundheit­swesen werden pro Jahr rund 36 Milliarden Euro aufgewende­t – das sind elf Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­es. „Im internatio- nalen Vergleich liegen wir hier ganz vorne“, sagt sie. Es müssten also Effizienzp­otenziale gehoben und die Gesundheit­sversorgun­g zukunftsfi­t gemacht werden, „dann wird es auch mehr Patientenz­ufriedenhe­it geben“.

Harmonisie­rung als „Mammutaufg­abe“

Priorität für die Hauptverba­ndschefin hat die Harmonisie­rung der Leistungen diverser Krankenver­sicherunge­n. Das sei freilich eine „Mammutaufg­abe, weil es sich um ein über Jahrzehnte gewachsene­s System handelt“. Auch bei den Mehrfachve­rsicherung­en „brauchen wir Lösungen“, sagt sie. Immer wieder wird eine Reduktion der Zahl der Krankenkas­sen gefordert. Mit wie vielen könnte man das Auslangen finden? „Ich will, dass unser System zukunftsfi­t ist“, antwortet sie vage. Auf dem Tisch liegende Varianten müssten analysiert werden. Denn: „Wenn wir nicht rasch handeln, dann wird das System immer teurer werden. Und das kann nicht unser Interesse sein. Wenn wir einsparen, gibt es mehr Geld für Innovation­en.“Nachsatz: „Es müssen halt alle wollen.“

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[ Clemens Fabry ] „Wir brauchen ein modernes und effiziente­s System“, sagt Ulrike Rabmer-Koller.

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