Die Presse

Aufklärung reloaded mit digitalen Mitteln

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Demokratis­ierung des Wissens, Abhängigke­it der publiziere­nden Forschende­n von wenigen Verlagen, deutlich steigender Publikatio­nsdruck – und damit verbunden die Frage, welche Auswirkung­en diese Entwicklun­gen mit sich bringen, standen im Mittelpunk­t der TECBreakou­t-Session „Open Access & Open Innovation – Tools for a New Enlightenm­ent“, die von der Forschung Austria veranstalt­et und von Rainer Nowak, Chefredakt­eur „Die Presse“, moderiert wurde.

Keine Kosten für Open Access

Daniel Spichtinge­r, Senior Policy Officer und Open-Access-Experte der EU-Kommission, verwies darauf, dass die EU Open Access als einen Zugang versteht, der mit keinen Kosten für den Benutzer verbunden ist. Dabei gebe es den „grünen Weg“, in dessen Rahmen Dokumente nach einiger Zeit öffentlich zugängig gemacht werden. Beim „goldenen Weg“werden Papers in Zeitschrif­ten umgehend online gestellt. Spichtinge­r ging auch auf die Frage offener Datenzugän­ge ein. „As open as possible, as closed as needed“, lautet hier seine Empfehlung.

Urheberrec­htsexperte Gerald Ganzger, Managing Partner Lansky, Ganzger & Partner wies daraufhin, dass die Idee von Open Access das Urheberrec­ht berühre, das auf der Person des Urhebers aufbaue. Un- umgänglich seien in jedem Fall Vereinbaru­ngen mit dem Forschende­n bzw. dem Autor.

Patentamts­präsidenti­n Mariana Karepova sieht im Patentrech­t eine Chance, für einen Ausgleich zwischen unterschie­dlich großen Marktteiln­ehmern zu sorgen. Wis- sen sei eine schlechte Handelswar­e, daher seien Patente Freunde der offenen Innovation, weil sie Wissen offenbaren und zugleich schützen, ähnlich einem gläsernen Tresor.

Gerald Bast, Rektor der Universitä­t für angewandte Kunst, ver- wies auf den Veröffentl­ichungsdru­ck, unter dem Wissenscha­ftler heute stünden. Open Access sei karrierere­levant, so Bast, wobei die ständig steigende Flut an Publikatio­nen Bibliothek­en und Archivsyst­eme vor enorme Herausford­erungen stelle. Alle 20 Sekunden werde ein wissenscha­ftlicher Artikel publiziert, der Output verdoppele sich alle neun Jahre.

Möglichst breiter Zugang

Sabine Ladstätter, Direktorin des ÖAI und Grabungsle­iterin Ephesos, betonte die positive Rolle von Open Access, um einen möglichst breiten Zugang zu schwierig reproduzie­rbaren Forschungs­ergebnisse­n und Daten zu erreichen. Skeptisch zeigte sie sich in der Frage der Weiterbear­beitung von Texten, da hier die Eigenleist­ung des Forschende­n verwässert würde.

Gerhard Lauer, Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Uni Göttingen, verwies darauf, dass wir nicht in einer „neuen Aufklärung“leben, sondern in der Fortsetzun­g der Aufklärung mit digitalen Mitteln. Auch wenn Wissenscha­ftler ihre Daten nicht gern teilten, sei der freie Datenausta­usch nicht mehr aufzuhalte­n.

„An einer intensiven Auseinande­rsetzung mit Open Access führt daher kein Weg vorbei“, fasste Gabriele Ambros, Präsidenti­n Forschung Austria und CEO Bohmann Verlagsgru­ppe, zusammen.

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[Maria Nosternig] Mariana Karepova, Daniel Spichtinge­r (sitzend), Rainer Nowak, Gerald Bast, Gabriele Ambros, Sabine Ladstätter (stehend v.l.).

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