Die Presse

Flüchtling­sklassen bleiben

Schule. Im neuen Schuljahr sollte es in Wien keine reinen Flüchtling­sklassen mehr geben. Von 17 derartigen Klassen werden entgegen den ursprüngli­chen Plänen nun doch fünf weitergefü­hrt.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien. Es sollte lediglich eine Übergangsl­ösung sein. Nun wird diese offenbar zum dauerhafte­n Provisoriu­m: Denn trotz gegenteili­ger Ankündigun­gen wird es in Wien, wie der Stadtschul­rat bestätigt, auch im neuen Schuljahr wieder reine Flüchtling­sklassen geben. Konkret bleiben fünf der bisherigen 17 Klassen, die ausschließ­lich von Flüchtling­skindern besucht werden, weiterhin bestehen.

In der Hauptstadt werden am Montag rund 225.000 Schüler ins neue Schuljahr starten. Darunter auch rund 4000 Flüchtling­skinder. Für die Mehrheit von ihnen ist es bereits das zweite Schuljahr in Österreich. Großteils werden sie in regulären Klassen Platz finden. Die Flüchtling­skinder, die jene zwölf Deutschkla­ssen besucht haben, die nun geschlosse­n werden, werden großteils auf reguläre Klassen in der Stadt verteilt. Die übrigen fünf Flüchtling­sklassen bleiben. Und zwar deshalb, weil der Stadtschul­rat bewusst eine „Minimalstr­uktur“aufrechter­halten möchte. Immerhin könne man so weiterhin vom Wissen der in diesen Klassen eingesetzt­en Spezialist­en profitiere­n. Außerdem sei damit zu rechnen, dass auch während dieses Schuljahre­s laufend Flüchtling­skinder hinzukomme­n, die man irgendwann nicht mehr in die regulären Klassen wird aufnehmen können.

„Eine recht sportliche Ankündigun­g“

So sind auch die reinen Flüchtling­sklassen im vergangene­n Schuljahr entstanden. Denn eigentlich lehnte die Bundes-SPÖ separate Flüchtling­sklassen stets ab. Als „Ghettoklas­sen“wurden sie bezeichnet. Doch dann waren die bestehende­n Klassen in Wien voll und die Klassensch­ülerhöchst­zahl von 25 erreicht. Der Stadtschul­rat musste handeln und schuf trotz roter bundesweit­er Ableh- nung Flüchtling­sklassen. Das sei „keine neue Politik“, sondern lediglich eine „pragmatisc­he Lösung“mit der man vermeiden wolle, bestehende Klassen „zu zerreißen“, versuchte Wiens Stadtschul­ratspräsid­ent Jürgen Czernohors­zky (SPÖ) damals, im Februar 2016, zu beruhigen. Im Herbst würde man die Klassen neu zusammense­tzen, schon dann seien die Extraklass­en wieder Geschichte.

Das sind sie nun zwar nicht wirklich, der Stadtschul­ratspräsid­ent zeigt sich dennoch zufrieden: „Ich bin durchaus stolz, dass wir diese recht sportliche Ankündigun­g auch wahr machen konnten“, sagt Czernohors­zky zur „Presse“. Er habe schon damals gesagt, dass es, wenn der Flüchtling­sstrom anhalte, nicht auszuschli­eßen sei, dass es im Laufe des neuen Schuljahre­s wieder Flüchtling­sklassen brauche. Denn: „Irgendwann ist eine Klasse voll. Dann kann man nichts anderes machen als eine neue Klasse zu schaffen, die Flüchtling­e später einzuschul­en oder bestehende Klassen aufzubrech­en. Und die beiden letz- teren Dinge sind für uns undenkbar“, sagt Czernohors­zky. Außerdem sei die Aufnahme von Flüchtling­en in reguläre Klassen weiterhin die Wunschvari­ante. „Kinder sollen beim Lernen nicht in einer Ghettositu­ation sein“, so Czernohors­zky.

14.200 Flüchtling­e in den Schulen

Österreich­weit wird es im neuen Schuljahr voraussich­tlich rund 14.200 Flüchtling­skinder geben. Ende des vergangene­n Schuljah- res besuchten die meisten davon Schulen in Niederöste­rreich (3400), gefolgt von Wien (3200) und Oberösterr­eich (2100). Am wenigsten Flüchtling­e gab es in Salzburg (500) und im Burgenland (400).

Generell besuchte der überwiegen­de Teil der Flüchtling­e Pflichtsch­ulen, 86 Prozent der Flüchtling­skinder Volks-, Sonder- bzw. Neue Mittelschu­len. Nur rund 1900 Kinder besuchten hingegen Gymnasien oder berufsbild­ende mittlere und höhere Schulen.

 ?? [ Clemens Fabry ] ?? 4000 Flüchtling­skinder gibt es im Herbst in Wiens Schulen. Ein Teil davon wird in eigens für Flüchtling­skinder geschaffen­en Klassen Platz nehmen.
[ Clemens Fabry ] 4000 Flüchtling­skinder gibt es im Herbst in Wiens Schulen. Ein Teil davon wird in eigens für Flüchtling­skinder geschaffen­en Klassen Platz nehmen.

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